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Marcel Ernst

Der deutsche "Dialog mit der islamischen Welt". Diskurse deutscher Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik im Maghreb

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Kultur und soziale Praxis); 351 S.; 39,99 €; ISBN 978-3-8376-2960-6
Diss. Karlsruhe; Begutachtung: B. Thum, H.‑P. Schütt. – Als dritte Säule ihrer Außenpolitik betreibt die Bundesrepublik Deutschland die Auswärtige Kultur‑ und Bildungspolitik (AKBP). Der Literaturwissenschaftler Marcel Ernst analysiert den in diesem Rahmen geführten Diskurs mit den Staaten des Maghreb für den Zeitraum vom 11. September 2001 bis zum Arabischen Frühling. In Zahlen ergeben sich für diese Region 18 Programme, Projekte und Initiativen (PPI) deutscher AKBP von insgesamt 266 Vorhaben. Bereits diese Zahl scheint seine erste Arbeitshypothese, wonach „der Maghreb rein quantitativ betrachtet für die deutsche AKBP insgesamt eher eine untergeordnete Rolle spielt“ (91), zu bestätigen. Weiter geht er von der Vermutung aus, dass der interkulturelle Dialog – obwohl offizieller Bestandteil der Aufgabenbeschreibung des Auswärtigen Amts (AA) – im Diskurs hinter den Islamdialog zurückgetreten sei. Marcel konzentriert sich nun in seiner Dissertation lediglich auf sogenannte Leuchtturmprojekte. Der zugrundeliegende Kulturbegriff basiere auf einem statisch‑homogenen Kulturverständnis, das Kulturen nicht als „dynamische und offene, das heißt sich wandelnde Systeme, begreife“ (81). Ernst überprüft diese Annahmen empirisch zum einen über eine diskursanalytische Auswertung von Experten‑ und Leitfadeninterviews mit Mitarbeitern des AA und Vertretern von Mittlerorganisationen zu den Themen Kultur‑ und Bildungsarbeit, Islamdialog und Transformationspartnerschaften. Zum anderen führt er eine „gegenwartsbezogene historische Analyse“ (259) durch, um die „wiederkehrenden Diskurselemente und ‚Diskursverschränkungen‘“ (260) des Europäisch‑Arabischen Dialogs der 1970er‑Jahre, des seit 2001 bestehenden Europäisch‑Islamischen Kulturdialogs und der 2011 eingeführten Transformationspartnerschaften zu beleuchten. Ihnen gemeinsam sei, dass sie alle „als politische Strategien konzipiert“ (277) seien und somit auch als von politischen Rahmenbedingungen abhängig gesehen würden. Auf sprachlicher Ebene habe sich außerdem ein Denken in Gegensätzen als Konstante zwischen allen Programmen etabliert, das sich in der Verwendung von „wenig differenzierten und reflektierten Termini, Begriffen und Schlüsselwörtern“ (276) erkennen lasse. Ernsts abschließende Vorschläge zur Weiterentwicklung des Dialogs mit der islamischen Welt zielen vor diesem Hintergrund unter anderem darauf ab, diese kulturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu nutzen, um veränderte Sprachkonzepte zur Grundlage eines zukünftigen interkulturellen Diskurses zu machen.
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Rubrizierung: 4.444.212.673.6 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Marcel Ernst: Der deutsche "Dialog mit der islamischen Welt" Bielefeld: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38942-der-deutsche-dialog-mit-der-islamischen-welt_46837, veröffentlicht am 08.10.2015. Buch-Nr.: 46837 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken