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Kerstin Pohl (Hrsg.)

Moderne Zeiten: Arbeitswelt heute. Eine Einführung

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2015 (uni studien politik 59); 135 S.; 9,80 €; ISBN 978-3-7344-0034-6
Der „Wunsch nach sinnstiftenden Arbeitsverhältnissen mit einem existenzsichernden Einkommen“ (6) ist weiterhin konstituierendes Merkmal der Arbeitswelt in „modernen Zeiten“ (Titel), hält Kerstin Pohl in ihrer Einleitung fest. Wie sich der Wandel der Arbeit in Form einer voranschreitenden Flexibilisierung auf die sinnstiftende Funktion – also die Sozialintegration eines Individuums in die Gesellschaft – auswirkt, wird in diesem leicht zu lesenden Sammelband thematisiert. Der Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau (prekärer) atypischer Beschäftigungsverhältnisse, der Einführung des Mindestlohns sowie dem wachsenden Arbeitsstress. Dabei werden verschiedene Teilaspekte dieses Wandels von ausgewiesenen (überwiegend wissenschaftlichen) Experten behandelt: Die Abnahme von Normalarbeitsverhältnissen und der Ausbau atypischer Beschäftigungsformen, bei der die Arbeitnehmer geringere Löhne erzielen und gleichzeitig ein höheres Risiko des Arbeitsplatzverlustes tragen, erfordert laut Berndt Keller und Hartmut Seifert eine Re‑Regulierung des Arbeitsmarktes. Konkret schlagen sie eine Grundsicherung im Alter, eine Begrenzung der Leiharbeit und abgesicherte Ansprüche auf Weiterbildungsmaßnahmen vor. Raimund Becker räumt mit der Fehleinschätzung auf, dass der demografische Wandel ein Garant für Vollbeschäftigung sei, und plädiert für Maßnahmen, die die Quote der Schul‑, Ausbildungs‑ und Studienabbrecher reduziert. Bezüglich des seit Januar 2015 eingeführten gesetzlichen Mindestlohns leisten Gerhard Bosch und Claudia Weinkopf einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion: Sie halten die Warnungen vor erheblichen Beschäftigungsverlusten für wenig stichhaltig. Vielmehr sehen sie in ihm ein wichtiges Instrument, um die Folgen des Rückgangs der Tarifbindung, des zunehmenden Lohngefälles und der Ausweitung des Niedriglohnsektors abzufedern. Eine saubere medizinsoziologische Studie rundet das beeindruckende Buch ab, Morton Wahrendorf und Nico Dragano unternehmen darin den Versuch einer Definition von Arbeitsstress. Sie kommen dabei zu dem Resultat, dass vor allem Menschen in niedrigeren beruflichen Positionen vom Arbeitsstress betroffen sind, was in Burn‑out‑Diskussionen oft vergessen wird. Darum fordern sie härtere verbindliche politische Vorgaben für den Arbeitsschutz. Der stark empirische Teil aller Beiträge ist deutlich von den normativen Schlussfolgerungen getrennt. Zudem fördert das Buch neue Ergebnisse zutage, mit denen verbreitete Vorstellungen hinterfragt und darüber hinaus auf eine empirisch‑fundierte Basis gestellt werden. Somit wird die oft ideologische Diskussion zum Thema Wandel der Arbeit bereichert.
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Rubrizierung: 2.3422.2622.61 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Kerstin Pohl (Hrsg.): Moderne Zeiten: Arbeitswelt heute. Schwalbach/Ts.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38552-moderne-zeiten-arbeitswelt-heute_46927, veröffentlicht am 18.06.2015. Buch-Nr.: 46927 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken