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Hans Henning Hahn / Robert Traba (Hrsg.)

Deutsch-Polnische Erinnerungsorte. Band 3: Parallelen

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2012; 490 S.; 58,- €; ISBN 978-3-506-77341-8
Das Konzept der Erinnerungsorte, durch den Historiker Pierre Nora im nationalen französischen Kontext eingeführt (siehe Buch-Nr. 28486), ist in den vergangenen Jahren vermehrt grenzübergreifend angewandt worden. Mit einem großangelegten Projekt wurde es kürzlich auf die europäische Ebene bezogen (siehe Buch-Nr. 41431). In ähnliche Dimensionen – sowohl was den Anspruch als auch die bei 130 Autoren aus fünf Ländern nötigen Koordinierungsarbeiten angeht – stößt nun ein Vorhaben vor, dass erstmals in großem Umfang einem bilateralen Ansatz verpflichtet ist. Es nimmt die oft spannungsreiche deutsch-polnische Nachbarschaft in den Blick. Das seit 2006 am Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften angesiedelte Projekt ist auf insgesamt fünf Bände angelegt. Vier davon sollen parallel in polnischer Übersetzung erscheinen. Diese erste Veröffentlichung widmet sich sogenannten parallelen Erinnerungsorten. Dabei handelt es sich um Phänomene, die sich zwar jeweils auf andere Erinnerungsobjekte beziehen, aber ähnliche spezifische Funktionen aufweisen. Untersucht werden etwa nationale Gründungsmythen wie die Schlacht im Teutoburger Wald und die Schlacht bei Cedynia/Zehden von 972, entscheidende Bezugspunkte der staatlichen Entwicklung wie die (jeweils gescheiterten) Verfassungsprojekte von 1791 und 1848/49, aber auch jüngere identitätsstiftende Ereignisse wie das Wunder von Bern und das Spiel der polnischen Fußballnationalmannschaft gegen England vom 17. Oktober 1973. Dabei wird häufig ein Bezug zu anderen im Kontext wichtigen Erinnerungsgemeinschaften hergestellt, etwa der ungarischen als Verlierer im Finale von Bern. Den Einzelbeiträgen ist ein kurzer ereignisgeschichtlicher Abriss vorangestellt. Gerade bei Geschehnissen wie der Schlacht von Cedynia/Zehden, die im deutschen kollektiven Erinnern keinen allzu prominenten Platz einnimmt, ist das sehr hilfreich. Überhaupt kommt gerade diesen Beiträgen das Verdienst zu, gegenseitiges Verständnis befördern zu können, indem wichtige Bezugspunkte der jeweiligen nationalen (regionalen, konfessionellen usw.) Identität herausgestellt werden.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.232.352.612.31 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Hans Henning Hahn / Robert Traba (Hrsg.): Deutsch-Polnische Erinnerungsorte. Paderborn: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34173-deutsch-polnische-erinnerungsorte_40988, veröffentlicht am 04.10.2012. Buch-Nr.: 40988 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken