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Sascha Münnich

Interessen und Ideen. Die Entstehung der Arbeitslosenversicherung in Deutschland und den USA

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2010 (Schriften aus dem Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung); 436 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-593-39300-1
Sozialwiss. Diss. Köln; Gutachter: J. Beckert. – Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt dieser vergleichenden Analyse zur Entwicklung der Arbeitslosenversicherung: Wie lässt sich der Wandel der arbeitsmarktpolitischen Interessen bei Gewerkschaften, Unternehmen und der Regierung von Ablehnung hin zur Befürwortung der Arbeitslosenversicherung erklären? Wie konnten „manche, gerade im Vergleich der Länder wichtigen institutionellen Merkmale der Arbeitslosenversicherung ihren Weg in die Gesetzgebung durch stillschweigenden Konsens“ (13) finden? Dass diese Fragen „in früheren Analysen offengeblieben sind“ (383), führt der Autor auf konzeptionelle Verkürzungen in der sozialwissenschaftlichen Institutionenanalyse zurück. Sie lassen sich nur beantworten, so Münnich, wenn Interessen, Ideen und institutioneller Wandel zusammen betrachtet werden. Hierfür entwickelt der Autor einen Analyserahmen, der zwischen abstrakten und konkreten Interessen unterscheidet und keine Dichotomie, sondern ein Neben- und Miteinander von Konsens und Konflikt unterstellt. Der Grundgedanke dieses Konzepts „ist die Notwendigkeit für politische Akteure, die sie umgebenden institutionellen, ökonomischen Bedingungen auf Basis der ihnen zur Verfügung stehenden Ideen in konkrete und sinnvolle arbeitsmarktpolitische Interessen zu übersetzen. […] Orientieren sich strukturell konfliktäre Akteure an geteilten Ideen, so kann nicht nur jeder einzelne Akteur seine Interessen neu bestimmen, sondern die arbeitsmarktpolitische Arena wird zugleich in konfliktäre und konsensuelle Bereiche vorstrukturiert.“ (21) Auf der Grundlage dieser Annahmen erfolgt eine parallel aufgebaute historische Analyse der arbeitsmarktpolitischen Debatten in beiden Staaten im Zeitraum von 1900 bis 1935, anhand derer Münnich das Zusammenspiel von Interessen und Ideen illustriert. So legt er beispielsweise dar, dass gerade die Krisenzeiten der Arbeitslosenversicherung zum Durchbruch verhalfen. In der Debatte „standen sich nicht Befürworter und Gegner in festen Koalitionen gegenüber“, schreibt Münnich, sondern es zeigt sich, „dass alle Akteure ihre Positionierung im Verlauf der historischen Entwicklung wechselten und dabei unter dem Einfluss von kommunikativen Lernprozessen und äußeren Bedingungen standen“ (391).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.22 | 2.64 | 2.311 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Sascha Münnich: Interessen und Ideen. Frankfurt a. M./New York: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33242-interessen-und-ideen_39745, veröffentlicht am 09.03.2011. Buch-Nr.: 39745 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken