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Christian Helmrich

Mindestlohn zur Existenzsicherung? Rechts- und sozialwissenschaftliche Perspektiven

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Equality-Oriented Policies [EOP] 2); 307 S.; 59,- €; ISBN 978-3-8487-2020-0
Rechtswiss. Diss. Regensburg; Begutachtung: A. Graser, F. Maschmann. – Sind Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor armutsgefährdet? Könnte ein Mindestlohn daran etwas ändern? Verstößt der Mindestlohn gegen die Freiheitsrechte des Grundgesetzes? Ist der Arbeitgeber überhaupt verantwortlich für die Bedarfsdeckung seiner Arbeitnehmer? Diesen Fragen geht Christian Helmrich in seiner Dissertation nach, die er noch vor der tatsächlichen Einführung des Mindestlohns vollendete. Sein Doktorvater lobt einleitend, dass er mit der „Frage nach den Kosten der Gleichheit“ (7) einen bisher zu wenig beachteten Aspekt beleuchte. Um Ungleichheit bei den einen auszugleichen, müssten schließlich andere mehr belastet werden. Helmrich stellt im ersten Teil fest, dass der Niedriglohnsektor wachse. Eine beträchtliche Zahl von Vollzeitbeschäftigen müsse heute ihren Lohn mit Leistungen nach SGB II aufstocken. „Niedriglohnbezug für sich bedingt [jedoch] noch nicht automatisch die Armutsgefährdung“ (45), führt der Autor aus, denn meist diene dieser nur der Ergänzung eines bereits vorhandenen Haushaltseinkommens. „‚Aufstocker‘“ (56) hätten aber angesichts des Leistungsprinzips gleichwohl das Gefühl, ungerecht entlohnt zu werden. Die Arbeitsleistung sei aber grundsätzlich nicht objektiv beurteilbar und ohnehin kaum ausschlaggebend für die Lohnhöhe. Diese werde bestimmt von „Marktgegebenheiten“ und einem „zwischen den Beteiligten bestehenden sozialen Konsens“ (71). Ein gerechter Lohn ist für Helmrich somit „ein romantisches Ideal, das am Ende nicht zu verwirklichen und daher aufzugeben ist“ (82). Ob der Mindestlohn Armutsgefährdung mindern könne, sei „höchst zweifelhaft“ (107). Diese hänge stark von der Wochenarbeitszeit und dem Haushaltskontext der Betroffenen ab. Der Autor diskutiert den Mindestlohn ausführlich als internalisierendes Sozialrecht. Für diese Internalisierung fehle eine „Finanzierungsverantwortung des Arbeitgebers für die verfolgten sozialen Belange“ (268). „Eine gewisse Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“ (285) räumt Helmrich dennoch ein, sie könne den Mindestlohn aber weder moralisch noch juristisch rechtfertigen. Die Verantwortung für die Bedarfssicherung Einzelner sei daher zu externalisieren, sie sei als „als Ausdruck der Belastungsgerechtigkeit von der Allgemeinheit der Steuerzahler zu tragen“ (284). Abschließend spricht der Autor sich aber auch dafür aus, die Arbeitgeber mit einem verstärkten Kündigungsschutz und einer Eindämmung prekärer Arbeitsverhältnisse stärker in die Verantwortung zu nehmen.
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Rubrizierung: 2.2625.423.23.52.342 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Christian Helmrich: Mindestlohn zur Existenzsicherung? Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39604-mindestlohn-zur-existenzsicherung_48098, veröffentlicht am 14.04.2016. Buch-Nr.: 48098 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken