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Thomas Sören Hoffmann / Marcus Knaup (Hrsg.)

Was heißt: In Würde sterben? Wider die Normalisierung des Tötens

Wiesbaden: Springer VS 2015; 326 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-658-09776-9
Die zentrale Frage, deren Beantwortung – oder doch zumindest Erhellung – sich die Herausgeber des Bandes zur Aufgabe gemacht haben, lautet: Wie könnte „ein würdiges Sterben aussehen“ (11)? Und der Untertitel deutet bereits an, in welche Richtung die hier geführte Debatte über die ärztlich assistierte Sterbehilfe geht: Die Hoffnung auf ein „gutes Sterben“ (267), so beklagt Thomas Sören Hoffmann, werde heute weitab von den inneren Bedürfnissen der jeweils Sterbenden und stattdessen als eine „medizinisch‑technische, rechtstechnische und auch sozialtechnische [...] Geregeltheit“ (268) gesehen. Hierin steckt die Sorge, die modernen „Normalisierungen des Tötens“ könnten zu weit gegangen, die Sorge um den „Primat des Lebens“ (290) indes zu kurz gekommen sein. Zur Ermöglichung einer Klärung dieser Problematik gliedert sich der Band in drei Teile. Im ersten Themenfeld „Politik und Recht“ versucht Markus Rothhaar eine begriffliche Annäherung. Anhand des für die Medizinethik einschlägigen Begriffspaars von Autonomie und Würde zeigt er, dass „die Forderung nach der Zulassung der aktiven Sterbehilfe“ (112) rechtlich nicht zu begründen sei. Wohl aber ließe sich durch den Gesetzgeber ein Rahmen schaffen, der die palliativmedizinische Intensivbetreuung erlaubt. Die Aufsätze des zweiten Teils stehen unter der Überschrift „Medizin und Psychotherapie“. Marcus Schlemmer vertritt aus palliativmedizinischer Sicht den Standpunkt, dass gerade die Aussicht auf intensive medizinische Betreuung den Wunsch nach assistiertem Suizid obsolet mache. Zudem gibt er zu bedenken, dass in der Debatte die Rolle der Angehörigen, gerade wenn diese nicht nur die schwere Krankheit, sondern auch noch den Suizid eines nahen Verwandten verarbeiten müssten, insgesamt zu wenig Beachtung finde. Im dritten Teil schließlich, unter der Überschrift „Theologische und philosophische Grundlagenfragen“, diskutiert Marcus Knaup die Frage, wie wir überhaupt sterben wollen. Seine Überlegungen münden in die Feststellung, dass Sterben dann unwürdig sei, wenn diese Extremsituation einer „Not an Leib und Seele“ unbegleitet erfolge. Unter begleitet versteht Knaup dementsprechend, „an der Hand eines anderen Menschen [zu] sterben“ (263) und nicht etwa durch die Hand eines anderen. Es ist diese Absicht, helfen und unterstützen zu wollen, die den gesamten Band trägt und der plausibel macht, warum der Dokumentationsteil mit einem Abdruck des Hippokratischen Eides beginnt: „Auch werde ich“, so heißt es da, „niemandem ein tödliches Gift geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde“ (295).
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Rubrizierung: 5.445.422.343 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Thomas Sören Hoffmann / Marcus Knaup (Hrsg.): Was heißt: In Würde sterben? Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39531-was-heisst-in-wuerde-sterben_47527, veröffentlicht am 17.03.2016. Buch-Nr.: 47527 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken