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Stefan Karner / Walter M. Iber (Hrsg.)

Schweres Erbe und "Wiedergutmachung" Restitution und Entschädigung in Österreich. Die Bilanz der Regierung Schüssel

Innsbruck/Wien/Bozen: Studien Verlag 2015 (Veröffentlichungen des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung 24); 309 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-7065-5343-8
Österreich hat sich zu seiner Mitschuld an den Verbrechen des NS‑Regimes öffentlich erstmals Anfang der frühen 1990er‑Jahre bekannt. Der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus wurde entsprechend spät, 1995, gegründet. Daraus seien Einmalzahlungen an die Opfer getätigt worden, erklärt Mitherausgeber Stefan Karner. Durch Sammelklagen aus den USA habe sich dann die Restitutionsdebatte beschleunigt: 2000 sei der Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit gegründet worden, mit dessen Hilfe Zahlungen an die ehemaligen Zwangsarbeiter geleistet worden seien, weitere Entschädigungen und Wiedergutmachungszahlungen an verschiedene andere Opfergruppen seien gefolgt. Karner betont, dass dies natürlich nur symbolische Akte gewesen seien und Unrecht damit nicht habe abgegolten werden können. Er zieht dennoch insgesamt eine „grundsätzlich überaus positiv[e]“ (17) Bilanz dieser Phase staatlicher Entschädigungspolitik in Österreich. Es habe allerdings auch Kritik gegeben: So sei spekuliert worden, dass diese Politik der Bundesregierung unter dem ÖVP‑Kanzler Wolfgang Schüssel nur ein Ablenkungsmanöver gewesen sei, um die negativen Reaktionen des Auslands auf die umstrittene Koalition mit Jörg Haiders rechtspopulistischer FPÖ abzufedern. Es ist aber nach Meinung von Karner eine Tatsache, dass 2005 die Rechtssicherheit in Fragen der Restitution auch in den USA endgültig erreicht werden konnte. So sei „eine neue Vertrauensbasis zwischen der Kultusgemeinde, der öffentlichen Verwaltung und den politischen EntscheidungsträgerInnen“ (119) entstanden, die durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ zuvor erheblich gelitten habe, schreibt die Restitutionsbeauftragte der israelitischen Kultusgemeinde Erika Jakubovits. Die 2013 verstorbene Maria Schaumayer, ehemalige Regierungsbeauftragte für die Entschädigung der Zwangsarbeiter, erklärte in ihrem Beitrag, dass erst durch den Fall des Eisernen Vorhangs eine Entschädigung der Opfer aus Osteuropa möglich wurde. Sie hoffte, dass die Restitution als „moralisch‑humanitäre Geste befriedigend und befreiend wirk[e] für beide Seiten“ (271). Das Buch basiert auf einem Forschungsprojekt, das 2009 bis 2012 am Ludwig‑Boltzmann‑Institut für Kriegsfolgenforschung durchgeführt wurde. Finanziert wurde es unter anderem von der Politischen Akademie der ÖVP.
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Rubrizierung: 2.42.232.352.2634.1 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Stefan Karner / Walter M. Iber (Hrsg.): Schweres Erbe und "Wiedergutmachung" Innsbruck/Wien/Bozen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38551-schweres-erbe-und-wiedergutmachung_46871, veröffentlicht am 18.06.2015. Buch-Nr.: 46871 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken