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Aylin Basaran / Julia B. Köhne / Klaudija Sabo (Hrsg.)

Zooming in and out. Produktionen des Politischen im neueren deutschsprachigen Dokumentarfilm

Wien: Mandelbaum Verlag 2013 (kritik & utopie); 300 S. ; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-85476-624-7
Dokumentarfilme brächten das audiovisuell gefasste ‚kollektive Bewusstsein‘ hervor, veränderten es und seien damit ein gesellschaftlich relevantes Medium. In den vergangenen Jahren seien in den Feuilletons Dokumentarfilme vermehrt als politisch gelabelt worden, weil sie, wie die Herausgeberinnen in ihrem Vorwort ausführen, „‚exotische‘ Bilder des ‚Anderen‘ […] (‚Othering‘)“ (8) zeigten oder das Politische auf eine neuartige Weise visualisierten. In diesem Band „wird gefragt, vor welchem Hintergrund, mit welcher Legitimation und mit welchem Ziel nur gewisse Filme ausdrücklich als ‚politisch‘ gekennzeichnet wurden und werden – scheint doch das ‚Politische‘ ein dem Dokumentarfilm immer schon implizites Element zu sein, das in dokumentarischen Narrationen und Bildästhetiken bereits enthalten ist“ (8). Um sich dem Thema mehrdimensional anzunähern, nutzen die Herausgeberinnen ein von ihnen sogenanntes Tandem, sprich: Jeder im Sammelband behandelte Aspekt wird häufig von zwei Seiten beleuchtet, des Öfteren aus Sicht der Filmtheorie und der Dokumentarfilmschaffenden. In einem solchen Tandem geht es beispielsweise um den Dokumentarfilm „Kurz davor ist es passiert“ (2006) von Anja Salomonowitz, mit dem das Thema Zwangsprostitution und Menschenhandel beleuchtet wird. Volker Wortmann arbeitet von einer wissenschaftlichen Perspektive aus heraus, dass Salomonowitz eine zentrale Konvention des Dokumentarfilms unterläuft, indem die Betroffenen nicht gezeigt, sondern ihre Geschichten von Personen erzählt werden, die keinerlei biografischen Bezug und keine professionelle Sprecher_innenausbildung haben. In Salomonowitz‘ Film erkennt Wortmann „eine negative Darstellungslogik, eine ästhetische Verweigerungsstrategie“ (170). Im anschließend abgedruckten Interview erläutert die Filmemacherin, dass sie in „Kurz davor ist es passiert“ die Frauen nicht öffentlich ausstellen, mit ihren Geschichten Mitleid erregen oder gar die Frage der Schuld an der eigenen Situation thematisieren wollte. Ihr sei es vielmehr um das Freilegen der hinter den Schicksalen stehenden Strukturen gegangen, weshalb sie sich bewusst für den Bruch mit den traditionellen Techniken entschieden habe. Die Beiträge des Sammelbandes gehen zurück auf das gleichnamige Symposium, das im Mai 2012 am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien stattfand.
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Rubrizierung: 2.222.232.44.422.333 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Aylin Basaran / Julia B. Köhne / Klaudija Sabo (Hrsg.): Zooming in and out. Wien: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38480-zooming-in-and-out_44528, veröffentlicht am 04.06.2015. Buch-Nr.: 44528 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken