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Maria Grazia Martino

Staat, Kirche und religiöse Minderheiten in Italien und Schweden. Konfessionelle Einflüsse auf den Übergang vom Staatskirchen- zum Kooperationssystem

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Schriften zum Religionsrecht 5); 549 S.; brosch., 128,- €; ISBN 978-3-8487-1169-7
Diss. FU Berlin; Begutachtung: D. Ohr, J. Straarup. – Maria Grazia Martino widmet sich dem Verhältnis von Kirche und Staat und unterscheidet zwischen drei verschiedenen Rechtsordnungen, die Staaten für die Kirchen auf ihrem Staatsgebiet erlassen können: das Trennungs‑, das Kooperations‑ und das Staatskirchenmodell. Während im Falle des Letzteren eine Glaubensgemeinschaft privilegiert ist, ermöglicht das Kooperationsmodell mehr Gleichberechtigung zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Daraus leitet die Autorin die Annahme ab, dass nach der Abschaffung der Staatskirche und der Einführung des Kooperationsmodells die Rechtsstellung anderer Religionsgemeinschaften aufgewertet wird und somit auch ihre soziale Akzeptanz durch die Mehrheitsgesellschaft erfolgt. Den christdemokratischen Parteien komme in diesem Kontext insofern eine besondere Bedeutung zu, als sie in der Regel die Interessen der Staatskirche vertreten, sich gegen deren Abschaffung und die rechtliche Gleichstellung religiöser Minderheiten aussprechen, was deren soziale Akzeptanz erschwert. Wie sich die Situation der religiösen Minderheiten im Falle der Abschaffung der Staatskirche und der Säkularisierung verändert, untersucht Martino am Beispiel des protestantischen Schweden und des katholischen Italien. Das skandinavische Land schaffte die Staatskirche im Jahr 2000 und das südeuropäische Land diese bereits 1984 ab. Martino erstellt ihre vergleichende Fallstudie mithilfe des „most different systems design“, um festzustellen, „was selbst unter so unterschiedlichen Bedingungen noch gleich ist“ (38). Denn die Staatskirchensysteme unterschieden sich vor der Trennung grundlegend: In Schweden war die Kirche ein Teil des Staates und des öffentlichen Dienstes und in Italien „ein anderer Staat“ (444). Die Autorin sieht ihre Annahmen bestätigt: In beiden Ländern unterstützten christdemokratische Parteien das jeweilige Staatskirchensystem, linke sowie liberale Parteien hingegen eher die Minderheitsreligionen – „im Namen von Liberalisierung und Pluralismus“ (447). Dies beruhte auf Gegenseitigkeit, da die Minderheiten mehrheitlich diese Parteien wählten. Die Abschaffung der Staatskirche war aus Sicht der Minderheiten primär in Italien überfällig, „da sie einen Zustand festschrieb, der sowohl die Verfassung als auch die Menschenrechte verletzte“ (502). Martino empfiehlt, dass die Kirche sich als Anwältin für religiöse Minderheiten und Migranten stark machen sollte.
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Rubrizierung: 2.612.222.23 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Maria Grazia Martino: Staat, Kirche und religiöse Minderheiten in Italien und Schweden. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38155-staat-kirche-und-religioese-minderheiten-in-italien-und-schweden_45977, veröffentlicht am 12.03.2015. Buch-Nr.: 45977 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken