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Evelyn Temme

Von der Bildung des Politischen zur politischen Bildung. Politikdidaktische Theorien mit Hannah Arendt weitergedacht

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2014 (Aktuelle Probleme moderner Gesellschaften 14); 347 S.; geb., 59,95 €; ISBN 978-3-631-65209-1
Diss. Vechta; Begutachtung: K.‑H. Breier, T. Grammes. – Evelyn Temme unternimmt den Versuch, das politische Denken Hannah Arendts für die politische Bildung zu erschließen: „Wenn nun aber Arendts Denken wegweisend für die gegenwärtige Politik sein soll“ – ein Wunsch, dem nur beizupflichten ist –, „impliziert dies nicht auch die politische Bildung?“ (12) Um zu zeigen, dass es sich dabei nicht bloß um eine rein rhetorische Frage handelt, wählt Temme einen konfrontativen Analyseansatz. Nachdem sie drei „Klassiker der politischen Bildung“ (20) in Deutschland mitsamt deren Kernaussagen und Prämissen vorgestellt hat – konkret geht es um die Ansätze von Kurt Gerhard Fischer, Hermann Giesecke und Wolfgang Hilligen –, schließt eine kritisch‑konstruktive Analyse dieses Triumvirats mithilfe der politischen Theorien Arendts an: „Ausgehend von den politiktheoretischen Überlegungen Hannah Arendts werden im abschließenden Kapitel die drei didaktischen Ansätze [...] sowie ihre exemplarischen, kategorialen und existenziellen Zugänge zum Politischen weiterentwickelt und aus einer neuen Perspektive für den gegenwärtigen politischen Unterricht weitergedacht.“ (22) Temme kommt unter anderem zu dem Schluss, dass in den vorgestellten politikdidaktischen Konzepten – zeit‑ und kontextbedingt – das Politische immer stark mit dem Staat assoziiert worden ist. Eine Politikdidaktik unter Rückgriff auf Arendt vermag diese Engführung zu überwinden, insbesondere dann, wenn es um ein „In‑Erscheinung‑treten“ (314) aktiv handelnder Menschen geht – gerade gegenüber institutionellen Imperativen, seien sie nun staatlicher oder ökonomischer Natur. Dann, und nur dann, könne von einer politisch qualifizierten Freiheit in einer republikanisch verstandenen politischen Gemeinschaft gesprochen werden. Würde die gegenwärtige politische Bildung zu deren Entstehen einen noch stärkeren Beitrag leisten können – und Temme hat gezeigt, dass das unter Rückgriff auf Arendt möglich ist –, wäre dies angesichts zunehmender Krisendiagnosen unserer Demokratie nur zu begrüßen.
{LEM}
Rubrizierung: 5.42 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Evelyn Temme: Von der Bildung des Politischen zur politischen Bildung. Frankfurt a. M. u. a.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37866-von-der-bildung-des-politischen-zur-politischen-bildung_46159, veröffentlicht am 04.12.2014. Buch-Nr.: 46159 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken