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Holger Albrecht / Thomas Demmelhuber (Hrsg.)

Revolution und Regimewandel in Ägypten

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Weltregionen im Wandel 14); 282 S.; brosch., 46,- €; ISBN 978-3-8329-7872-3
Die Autor_innen des Bandes analysieren die fundamental veränderte politische und gesellschaftliche Situation in Ägypten nach dem „Sturz des Pharao“ (10). Was eigentlich hat er bewirkt, jener historische Rücktritt Hosni Mubaraks am 11.2.2011, der infolge knapp dreiwöchiger Massenproteste dem Land eine neue – nicht unbedingt eine bessere – Zukunft eröffnete? Zunächst einmal hat das autoritäre Regime eine traumatisierte Gesellschaft hinterlassen, in der sich viele Hoffnungen, die mit dem Regimewechsel verknüpft waren, zumindest bisher nicht erfüllt haben. Ganz oben stand dabei die Hoffnung auf eine schnelle und nachhaltige Demokratisierung des Landes, die jedoch zwischen der schlechten Wirtschaftslage, immer wieder aufkommenden konfessionellen Konflikten und der stärker werdenden Rolle des Militärs (Oberster Rat der Streitkräfte) zerrieben wurde. Dementsprechend kommt Kevin Köhler in seiner Analyse der ersten Parlamentswahlen nach Mubarak, die in drei Etappen von November 2011 bis Januar 2012 abgehalten wurden, zu dem Ergebnis, dass diese „einen ersten Schritt eines auf freien Wettbewerb beruhenden politischen Systems“ (87) darstellten. Allerdings sei ohne den „Aufbau eines repräsentativen Parteiensystems“ (108) und den damit einhergehenden Konsolidierungsprozessen im Parteienspektrum zweifelhaft, ob diese zentrale Säule eines demokratischen politischen Systems wirklich als funktionsfähig zu bezeichnen sei. Eine hohe politische und soziale Mobilisierungs‑ und Funktionsfähigkeit wird von diversen Beobachtern – auch jenseits der Parlamentswahlen – den Muslimbrüdern attestiert. Ivesa Lübben analysiert in ihrem Beitrag deren Rolle bei der ägyptischen Revolution und beschreibt ihre Selbstwahrnehmung in der Folgezeit als „hegemoniale Kraft des Landes“ (254). Die damit einhergehende Desintegration im gesamten politischen Parteienspektrum sei eine der größten Herausforderungen in der ägyptischen Gegenwart. Wie bei vielen der behandelten Themen ist es jedoch auch hier noch zu früh für abschließende Urteile oder Ergebnisse. Insofern ist das Selbstverständnis der Autor_innen nur folgerichtig, wonach sie beanspruchen, die doch sehr vielschichtige – um nicht zu sagen unübersichtliche – Situation in Ägypten für weitere Analysen thematisch vorzustrukturieren.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.632.22.222.232.25 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Holger Albrecht / Thomas Demmelhuber (Hrsg.): Revolution und Regimewandel in Ägypten Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37570-revolution-und-regimewandel-in-aegypten_43452, veröffentlicht am 25.09.2014. Buch-Nr.: 43452 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken