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Marie Katharina Wagner

Die Piraten. Von einem Lebensgefühl zum Machtfaktor

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2012; 191 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-579-06645-5
Nirgendwo findet die den Piraten anhaftende Nerdkultur einen bessern Ausdruck als in Begriffen wie „Flausch“, „Bronies“ oder „Memes“. Fragte man nun danach, was „Nerd“ und „Kultur“ mit Politik zu tun haben, so würde Marie Katharina Wagner antworten, dass es sich hierbei um den Schlüssel handelt, um das Phänomen Piraten verstehen zu können. Ausgehend von diesen soziologischen Betrachtungen des piratischen Lebensgefühls analysiert die Politikredakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Entstehungsdeterminanten und Grundprinzipien der netzaffinen Politikaktivisten. Entlang des schwedischen Pirate Bay‑Urteils im Frühling 2006, in dessen Anschluss „Raubkopieren politisch wird“ (47), „Zensursula“ (65), der Vorstellung der drei zur „Basis“ gehörenden Gründungsmitgliedern Jens Seipenbusch, Christian Weiske und Jan Huwald sowie der wichtigsten Parteitage und Wahlerfolge navigiert Wagner die Leser_innen zu der Antwort auf die Frage, woher die Piraten denn eigentlich kommen. Schon in der frühen Phase erweisen sich die Piraten ihrer Ansicht nach als „richtungslose, wirre und überforderte Partei“ (75), deren zahlreiche Vorstände an diversen Konflikten zerbrechen und die Außendarstellung der Partei unter unzähligen innerparteilichen ‚gates‘ (Bezeichnung der Piraten für Skandal) laboriert. Dieses von Wagner durchgehend angeführte Narrativ der zwischen „Flausch“ und „Shitstorm“ alternierenden parteiinternen Debatten findet seinen Ausdruck vor allem in Zwistigkeiten mit Blick auf die konkrete Ausformung der Liquid Democracy oder den Streit zwischen „Kernis und Vollis“ (101), die keinen Konsens bezüglich der Kern‑ vs. Vollprogrammfrage erzielen können. Der Fortgesang dieses Argumentationsstranges kumuliert – nicht gerade überraschend – in das Szenario eines „konturlosen Wutbürgervereins“ (188), der zwar niemandem schaden, aber auch nicht fehlen würde. Dabei wirkt die Skizzierung der Startschwierigkeiten oftmals überzeichnet und stellenweise vorschnell. Es sind vor allem Wagners soziologische Betrachtungen des piratischen Lebensgefühls sowie der parteiinternen Nerdkultur, die den Forschungsstand um das Aufkommen (und dessen Erklärung) des Phänomens Piratenpartei um ein gewichtiges Kapitel bereichern.
{JH}
Rubrizierung: 2.331 | 2.325 | 2.36 | 2.332 | 2.333 Empfohlene Zitierweise: Jörg Hebenstreit, Rezension zu: Marie Katharina Wagner: Die Piraten. Gütersloh: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37506-die-piraten_43180, veröffentlicht am 11.09.2014. Buch-Nr.: 43180 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken