Skip to main content
Aram Ziai (Hrsg.)

Im Westen nichts Neues? Stand und Perspektiven der Entwicklungstheorie

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik 14); 286 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8487-0989-2
Auch wenn entwicklungstheoretische Fragen derzeit nicht im Mittelpunkt politikwissenschaftlicher Debatten stehen, „machen neuere einschlägige, aber oft wenig beachtete Publikationen […] deutlich, dass der Attraktivitätsverlust der Entwicklungstheorie keinesfalls auf einen Substanzverlust zurückzuführen sein muss“ (9). Mit diesem Band sollen daher alte Debatten aufgegriffen und mit neuen Diskussionssträngen verknüpft und insgesamt eine Wiederbelebung der Entwicklungstheorie angeregt werden. Einleitend zeichnet Aram Ziai die wesentlichen Linien der vergangenen Debatten und die Krise der Entwicklungstheorie nach. Dabei unterscheidet er zwischen der Theorie gesellschaftlichen Wandels und der Theorie politischer Intervention, die mit je eigenen Herausforderungen verknüpft sind. Während Erstere ihren „methodologischen Nationalismus“ (13) zu überwinden habe, müsse sich Letztere dem Problem der „normativen Unentscheidbarkeit“ (14) und Fragen der demokratischen Legitimation stellen. In den folgenden Beiträgen werden diese und weitere Ansprüche dann unter anderem aus politökonomischer, wissenssoziologischer und modernisierungskritischer Perspektive erörtert. Ingrid Wehr setzt sich aus globalsoziologischem Blickwinkel mit den Debatten über die multiple Moderne auseinander und fragt nach der Überwindung des theoretischen Eurozentrismus. Reinhart Kößler skizziert die Umrisse einer globalen Entwicklungstheorie entlang einer kritischen Betrachtung des Begriffspaares Entwicklung und Evolution. Für die ersatzlose Abschaffung des unpräzisen Entwicklungsbegriffs plädiert Aram Ziai, da dieser regelmäßig für Missverständnisse sorge und unzählige Konflikte verschleiere. In diesem Zusammenhang ist auch der praxisbezogene Beitrag von Malte Gephart aufschlussreich, der auf die widersprüchliche Bewertung sozialer Beziehungen in zwei unterschiedlichen Entwicklungsdiskursen verweist. Dieselben Praktiken und Werte (persönliche Reziprozität, Vertrauen usw.), die auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung als entwicklungshinderlich betrachtet werden, gelten im Diskurs über Sozialkapital als entwicklungsförderlich. Durch die getrennte Anwendung der beiden Konzepte bestehe die Gefahr „einer willkürlichen, aber immer durch ‚Entwicklungswissen’ legitimierten Bewertung“ (254) und Beeinflussung von Gesellschaften. Der Band ist aus einer von der DVPW‑Sektion Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik im Juli 2010 in Hamburg abgehaltenen Tagung („Entwicklungstheorien reloaded“) hervorgegangen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.444.432.674.45 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Aram Ziai (Hrsg.): Im Westen nichts Neues? Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37414-im-westen-nichts-neues_45852, veröffentlicht am 14.08.2014. Buch-Nr.: 45852 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken