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Jonathan R. Rinne

Die multivariate Themen-Wahl. Überlegungen zu einem neuen direktdemokratischen Instrument

Berlin: Lit 2012 (Neue Wege der Demokratie 6); 137 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-643-11843-1
Diplomarbeit Frankfurt a. M. – Erst langsam lässt sich – nicht zuletzt aufgrund vielfacher Proteste und Krisenphänomene – ein Nachdenken in Theorie und Praxis über institutionelle Veränderungen des demokratischen Systems feststellen. Gegen den lange vorherrschenden institutionellen Konservatismus richtet sich auch die Studie von Rinne. Mit der multivariaten Themen‑Wahl schlägt er ein direktdemokratisches Instrument vor, das neuen gesellschaftlichen Entwicklungen entgegenkommen soll. Dazu gehören auf der einen Seite der zunehmende Mitgliederschwund der politischen Parteien und der Rückgang der Wahlbeteiligung sowie auf der anderen Seite ein vom Autor konstatiertes fortbestehendes politisches Interesse der Menschen, das sich mittlerweile jedoch nur noch punktuell und themenbezogen zeige. Mit der multivariaten Themen‑Wahl soll den Bürgerinnen und Bürgern nun eine Möglichkeit gegeben werden, einen größeren Einfluss auf die politische Themensetzung zu erlangen. Dies gelingt über zwei Wege: Zum einen stellen die Parteien Themenlisten zur Wahl und zum anderen können Bürger selbst Themenvorlagen einbringen, die wiederum bestimmte Auflagen (Verfassungskonformität, Unterstützungsquorum) erfüllen müssen. Zur Vergrößerung ihres Einflusses erhalten die Bürger*innen das Recht zum Kumulieren, Panaschieren und Streichen. Auf diese Weise können sie Themenlisten modifizieren und selbst zusammenstellen. Das Kontingent an Stimmen ist dabei begrenzt und es ist ein Budget vorgegeben, womit die Wahl der Themen, die Kosten verursachen, eingeschränkt wird. Aufkommende Probleme – wie zum Beispiel die Zulässigkeit von Themenvorschlägen, das Streichen von identischen Themenvorschlägen von der Wahlliste oder die Gewährleistung der Kohärenz der Wahlaussage – sollen durch eine unabhängige Institution gelöst werden, deren Mitglieder wie Bundesverfassungsrichter bestimmt werden sollen. Der Autor bespricht weitere Fragen und Probleme – wie etwa die Möglichkeit der Überforderung der Bürger*innen durch das neue Instrument – in aller sachlichen Klarheit. Gleichwohl sollte wegen dieser Probleme die multivariate Themen‑Wahl nicht a priori als inadäquat angesehen werden, zumal auch die derzeit bestehenden Institutionen Defizite aufzeigen. Ob die multivariate Themen‑Wahl letztlich ein lohnenswertes Instrument hin zu mehr Demokratie darstellt, bleibt, wie Rinne zutreffend anmerkt, nur über empirische Studien festzustellen.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.332 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Jonathan R. Rinne: Die multivariate Themen-Wahl. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35753-die-multivariate-themen-wahl_43334, veröffentlicht am 11.04.2013. Buch-Nr.: 43334 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken