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Jutta Ditfurth

Zeit des Zorns. Warum wir uns vom Kapitalismus befreien müssen

Frankfurt a. M.: Westend Verlag 2012; 294 S.; brosch., 16,99 €; ISBN 978-3-86489-027-7
Kapitalismuskritische Schriften haben momentan eine gewisse Hochkonjunktur. So kann es leicht vorkommen, dass einem in der Abstumpfung bestimmte Krisendiagnosen fast schon wie Allgemeinplätze begegnen. Jutta Ditfurth aber radikalisiert in ihrer Streitschrift die Kritik weiter. Sie verwirft nicht nur die Position, dass die Krise das Problem ist, sondern damit auch die implizite Möglichkeit, dass der Kapitalismus gebändigt, reformiert, sozial oder ökologisch transformiert werden kann. Vielmehr weist sie mit Nachdruck darauf hin, wie sich die globalen Katastrophen, Machtasymmetrien der Gier und Ausbeutung, Verrohung und Ungerechtigkeit immer wieder bei dem gemeinsamen Nenner Kapitalismus treffen, dem der eigentliche Zorn gelten müsse. Diese Kampfansage speist sich aus einer emphatischen Bestandsaufnahme der imperialistischen Folgen eines nicht einfach nur krisenhaften, sondern immanent zerstörerischen Systems. Ditfurth bleibt hierin nah an der Wut und Verzweiflung, die sie aus dieser „Reportage von den Schlachtfeldern des Kapitalismus“ (8) mitnimmt und verweist kompromisslos auf die verbrecherischen Zusammenhänge zwischen systematischer Verblendung und skrupelloser Ausbeutung. Ihre Beobachtungen führen sie von bundesdeutscher Verarmung und Entsolidarisierung zu den ökologischen Folgen kapitalistischer Produktionsweise, von den profitablen Waffengeschäften und dem Vorzug einer stabilen Diktatur zu den Wanderarbeitern in China und schließlich auch zu den Erinnerungen an den Widerstand, nach Genua, Seattle oder Deutschland. Die zahllosen Empörungen, die sie damit affirmiert, versucht sie immer wieder in produktiven Zorn zu kanalisieren. Sie fragt, „was […] Menschen tun [können], um die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ändern“ (122). Was sie für ihr Plädoyer aufgeben muss, ist eine gewisse analytische Genauigkeit und vor allem die naive Aussicht auf Hoffnung, auf einen einfachen Weg der Versöhnung oder den Niedergang des Kapitalismus an seiner eigenen Krise – die ihm, wie erwähnt, immanent ist und zu seiner stetigen Erneuerung führt. Die Veränderung, die der wachsende Zorn notwendig macht, wird so zur grundlegenden Aufgabe „und wir müssen alles selbst machen“ (259).
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.2 | 4.43 | 4.44 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Jutta Ditfurth: Zeit des Zorns. Frankfurt a. M.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35615-zeit-des-zorns_42980, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 42980 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken