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Siegfried Frech / Boris Kühn (Hrsg.)

Italien. Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2012 (Länderwissen); 350 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-89974643-3
Die Herausgeber präsentieren eine Aufsatzsammlung zum Thema Italien. Bonifazi betrachtet unter anderem die aktuelle Situation Italiens mit Blick auf die Einwanderung. Italien, für eine sehr lange Zeit ein klassisches Auswandererland, sehe sich seit den 90er-Jahren vermehrt mit Einwanderung konfrontiert, deren wirtschaftliche Bedeutung ständig wachse. Obwohl das Tabu des Rassismus in den italienischen Medien gefallen sei und Fremde in Italien misstrauisch behandelt werden, sieht Bonifazi jedoch weiterhin steigende Einwandererzahlen auf Italien zukommen. Einen dahingehend populistischen Politikstil macht Caciagli neben der Einwanderungspolitik auch in weiteren Politikfeldern aus. Dieser Stil habe seit den 90er-Jahren zwar zu weniger Apathie und Resignation, aber auch zu mehr Unruhe und Wut in der italienischen Bevölkerung geführt. Die italienische Familie als traditionelles soziales Konstrukt habe in dieser Zeit einen beruhigenden Gegenpol gebildet. Das traditionelle Rollenbild der Frau in Italien hält Capecchi dagegen für veränderungswürdig. Besonders die italienischen Medien tragen eine Verantwortung für die Propagierung eines rückständigen Frauenbildes, das Frauen Wertschätzung und öffentliche Anerkennung vorenthalte und sie auf Klischees beschränke. Klischees bestehen auf der kulturellen Ebene immer noch fort, schreibt auch Dinger, die Beständigkeiten und Entfremdung in der Beziehung zwischen Deutschland und Italien untersucht. So gebe es auch heute noch die vorurteilsbestimmte Haltung von Deutschen gegenüber Italienern als unorganisierten „Improvisationstalent[en]“ und Italiener sehen in Deutschen oftmals noch „sture Ignoranten“ (300). Neben diesen Klischees herrsche auf der politischen Seite dagegen Übereinstimmung, nicht zuletzt ausgedrückt durch den Genscher-Colombo-Plan, der eine Vorbereitung auf die Einheitliche Europäische Akte darstellte. Frech und Kühn legen einen Band vor, in dem Italien zwar mehr mit dem Blick zurück als mit dem nach vorn betrachtet wird, der interessierten Laien aber einen facettenreichen Überblick vermittelt.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.61 | 2.1 | 2.21 | 2.22 | 2.25 | 2.27 | 4.22 | 2.23 | 4.42 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Siegfried Frech / Boris Kühn (Hrsg.): Italien. Schwalbach/Ts.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34884-italien_41936, veröffentlicht am 29.03.2012. Buch-Nr.: 41936 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken