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Wolfgang Schroeder

Vorsorge und Inklusion. Wie finden Sozialpolitik und Gesellschaft zusammen?

Berlin: vorwärts buch GmbH 2012; 193 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-86602-769-5
Der Staatssekretär in Brandenburg Schroeder skizziert sozialdemokratische Vorstellungen über einen vorsorgenden Sozialstaat. Hierfür beschreibt der Politologe zunächst den gesellschaftlichen Wandel, der Reformen nötig mache (Flexibilität am Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Geschlechterrollen). Zentrale Schlagwörter dieser Reformen sind Vorsorge und Inklusion. Um soziale Folgekosten zu vermeiden, solle der Staat so früh wie möglich Menschen in die Lage versetzen, ihre Existenz selbstständig zu sichern. Zugleich müssten sie Aufstiegschancen und Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung haben. Zur umfassenden gesellschaftlichen Teilhabe gehört für Schroeder außerdem der Zugang zu sozialen Beziehungsnetzwerken. Konzepten wie dem bedingungslosen Grundeinkommen hält er entgegen: „Eine gute Erwerbsarbeit ist mehr als eine Einkommensquelle, sie ist ein Anker eigenverantwortlicher Sicherheit, individuellen Sinns und sozialer Anerkennung“ (53). Wenn Prävention im Zentrum dieses Reformgedankens steht, umfasst dies natürlich auch die Bildungs- und Gesundheitspolitik. Schroeder geht es nicht einfach um Umverteilung oder die Erschließung neuer Einnahmequellen für einen weiter expandierenden Sozialstaat. Dessen Institutionen müssten besser vernetzt zusammenarbeiten und helfen, dass staatliche Angebote Menschen besser erreichen. Ein inklusiver Sozialstaat denke dabei mögliche Hürden für Behinderte oder Menschen mit Migrationshintergrund immer mit, lehne aber zugleich dauerhafte Sonderbehandlungen ab. Für einen gut funktionierenden Sozialstaat sei es ferner unerlässlich, dessen Akteuren zu höherer Anerkennung und Bezahlung zu verhelfen. Statt ausschließlich auf Kosteneffizienz zu schauen, müsse auf die langfristige Wirksamkeit der Maßnahmen geachtet werden. Freilich lässt sich die Wirksamkeit präventiver Ansätze kaum messen. Etwas konkreter wird Schroeder bei der Finanzierungsfrage seiner Vorschläge. So gebe es eine „demografische Rendite“ (165) aufgrund zurückgehender Kinder- und Schülerzahlen. Zudem solle das pauschale Kindergeld flexibilisiert werden, und auch Public-Private-Partnerships für Investitionen an Schulen hält der Autor für sinnvoll. Im Vergleich zu alarmistischen Titeln, die das Thema für ein breites Lesepublikum erschließen, zeichnet sich Schroeders Buch durch einen ausgewogenen Argumentationsstil aus. Trotzdem formuliert er auf wohltuend-griffige Weise seine Thesen; in wenigen Fällen landet er dabei auf Allgemeinplätzen. Insgesamt ist auf weniger als 200 Seiten viel Wissenswertes über die Entwicklung des Sozialstaats zu lesen und über seine Umgestaltung, wie Sozialdemokraten sie sich wünschen.
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.342 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Wolfgang Schroeder: Vorsorge und Inklusion. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34693-vorsorge-und-inklusion_41698, veröffentlicht am 25.10.2012. Buch-Nr.: 41698 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken