„Vox populi, vox Rindvieh“ (33) oder „Ein Drittel Irre ist immer mit dabei“ (86), damit überschreibt Nikolaus Blome, der Leiter des Hauptstadtbüros der Bild‑Zeitung, die Etappen auf dem Weg, dem Bürger zu vermitteln, was denn Politiker in Wahrheit über ihn und damit über das deutsche Wahlvolk denken. Dankbarkeit für politische Reformen zum Beispiel habe sich der Politiker schon lange abgeschminkt. Reformen selbst habe der politische Betrieb als selbstmörderische Unterfangen identifiziert, sei es eine Sozial‑ oder eine Rentenform, der Politiker könne nur verlieren und verhalte sich daher abwartend und bleibe mit angeblich kontroversen Themen in Deckung, um seinen Kunden, den Wähler, nicht zu verschrecken oder gar zu verärgern. Nun mag der vorschnelle Eindruck entstehen, Blome rezitiere ausschließlich Allgemeinplätze und verhalte sich gemäß den Erwartungen, die man vorschnell an ihn richten würde. Dagegen spricht die Fülle der Beobachtungen, die er aus seinem beruflichen Werdegang beisteuern kann und mit denen er seine Kapitel zu der Behandlung von Staatsschulden, zur Komplexität politischer Entscheidungen und öffentlichen Tabus ergänzt. Die Erkenntnis des Allensbach Instituts, dass das Wahlverhalten sprunghafter wird und weniger kontrollierbar, dass der Pluralismus sowohl Fluch als auch Segen ist und „die Leute betrogen werden wollen“ (52), all das mag bekannt sein, welche Konsequenz diese Ansichten für die Arbeit von Politikern haben, kann man in diesem launigen Buch neu erfahren. Ist dieser Band also, wie in der Buchinformation angekündigt, ein Blick in das „Zentrum der Macht“? Sicher nicht, aber ein anekdotenreiches Buch über das Innenleben des politischen Betriebs. Dass im „kleinen Wählerhasser“ dieses Innenleben nicht immer dem Proporz nach ausbalanciert ist und der Homo politicus genauso wie der Homo oeconomicus eine reine Fiktion bleibt, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.