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Armin Fuhrer

Ernst Thälmann. Soldat des Proletariats

München: Olzog 2011; 352 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-7892-8236-2
Auf der politischen Bühne der Weimarer Republik gehörte der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann nicht nur zu den prominentesten, sondern auch zu den umstrittensten Gestalten. Der von ihm diktierte Ton stellte die Partei nicht nur außerhalb des demokratischen Systems, das sie in Fundamentalopposition bekämpfte. Er schwor die KPD zugleich auch auf einen moskautreuen Kurs ein, was innerparteilich keineswegs einhellig begrüßt wurde. Zum unumstrittenen Helden der Arbeiterklasse wurde Thälmann erst für die DDR-Geschichtsschreibung, die auf der Suche nach Legitimierung des Staates einen Mythos um ihn strickte, mit dem zahlreiche Fehlstellen in dessen Biografie und politische Fehlentscheidungen vernebelt wurden. In elf Kapiteln, die sich unter anderem mit der Kindheit Thälmanns, mit dessen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, mit dem Kampf um die Macht in der Weimarer Republik und schließlich mit den Jahren im Gefängnis während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft befassen, versucht der Autor die Legende um den treusorgenden Familienvater und den als intelligent, menschlich und einfühlsam geltenden Parteiführer, der dennoch stets einen kühlen Kopf behielt, zu entzaubern. Dabei gerät seine Darstellung jedoch häufig zu einer reinen Negativschablone der offiziellen DDR-Sichtweise. Fuhrer, der nicht ohne die im Osten erschienenen Werke als Quellen auskommt, nähert sich seinem Forschungsobjekt so häufig nur von einer moralischen Seite, die in Umkehrung der Erkenntnisse der DDR-Historiografie folglich auch nur einen für menschliche Belange unempfindlichen, mäßig gebildeten und undemokratischen Parteimenschen, der für seine Ziele bereit war, Weggefährten in den Tod zu schicken, erkennen lässt. Das Phänomen Thälmann kann der Verfasser, der akribisch Argumente gegen den KPD-Vorsitzenden zusammengetragen hat, so nur bedingt erklären. Dies führt zugleich jedoch auch dazu, dass Fuhrer im letzten Kapitel, das die Jahre der Gefangenschaft thematisiert, sehr eindringlich einen Menschen schildern kann, der fernab des ihm attestierten Heroismus sehr wohl das Gefühl der Verzweiflung kannte.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.31 | 2.311 | 2.312 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Armin Fuhrer: Ernst Thälmann. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33464-ernst-thaelmann_40050, veröffentlicht am 28.07.2011. Buch-Nr.: 40050 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken