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Klaus Schlichtmann

Friedensverfassungsrecht und kollektive Sicherheit. Japans Antrag auf Abschaffung des Krieges

Wien/Berlin: Lit 2009 (Serie Politica 6); X, 142 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-643-90006-7
In dem schmalen Band des in Japan lebenden Friedensaktivisten und Historikers ist der berühmte Artikel 9 der japanischen Verfassung sowohl Ausgangspunkt als auch Zielvorstellung für allgemeine Betrachtungen über die Chancen einer weltweiten Ächtung des Krieges im Rahmen eines Friedensverfassungsrechts. Schlichtmann erläutert zunächst, dass der Artikel keineswegs aus dem Nichts entstand. Es hatte schon vorher Strömungen in der japanischen Politik gegeben, die auf eine Abschaffung des Krieges hinarbeiteten. So war der damalige japanische Premierminister Shidehara, auf dessen Initiative der 1946 verabschiedete Artikel letztlich zurückgeht, schon als junger Diplomat in diesem Sinne aktiv gewesen. Und die Zeit war nach dem großen Gemetzel des Zweiten Weltkriegs auch reif für diesen Idealismus: Überall auf der Welt wurden in der unmittelbaren Nachkriegszeit Verfassungen verabschiedet, die ausdrücklich die Möglichkeit eröffneten, Souveränitätsrechte auf internationale Organisationen zu übertragen, um ein System kollektiver Sicherheit aufzubauen. Die damals gerade beschlossene Charta der Vereinten Nationen bot den Anknüpfungspunkt dafür. Schlichtmann erkennt große Chancen für eine Umsetzung eines Systems der kollektiven Sicherheit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch noch viel später. Japan sieht er dabei im Zentrum. Die realpolitischen Bedingungen lässt er jedoch mitunter außer Acht. So kritisiert er, dass Japan in den 90er-Jahren besonders wegen des europäischen Versäumnisses, den UN-Sicherheitsrat zu stärken, von den Verfassungsidealen im Hinblick auf die kollektive Sicherheit abgewichen sei. Bei Schlichtmann ist die Enttäuschung darüber nicht zu übersehen. Für ihn ist der Artikel 9 ein „Ausweg, ein Tor, durch das, wenn die Staaten der Welt es wünschen, ein Zugang zur nicht-militärischen menschlichen Sicherheit gefunden werden könnte.“ (72) Das Buch ist keine realpolitische Analyse. Es ist vielmehr von Idealismus getragen. Wer sich daran nicht stört, erhält eine informative Einführung ins Thema.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.68 | 2.21 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Klaus Schlichtmann: Friedensverfassungsrecht und kollektive Sicherheit. Wien/Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31813-friedensverfassungsrecht-und-kollektive-sicherheit_37923, veröffentlicht am 28.04.2010. Buch-Nr.: 37923 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken