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Dietrich Böhler

Zukunftsverantwortung in globaler Perspektive. Zur Aktualität von Hans Jonas und der Diskursethik

Frankfurt a. M.: Verlag für Akademische Schriften 2009 (Politik in sozialer und ökologischer Verantwortung); 115 S.; 11,- €; ISBN 978-3-88864-461-0
Der Band versammelt Arbeiten Böhlers, in denen er Maßstäbe für eine Diskursethik in Auseinandersetzung mit den Arbeiten Karl-Otto Apels und der Metaphysik bei Hans Jonas gewinnt. Dieser Diskursethik soll stets die Möglichkeit der Verantwortung gewährleisten und die moralischen Ansprüche der Nachgeborenen respektieren. In seinem Geleitwort führt Günter Altner aus, dass beispielsweise im Streit um biotechnologische Verfahren die metaphysische Begründung der Menschenwürde und die Position einer forschungsgeleiteten Nutzungsstrategie kaum zu versöhnen sind. Doch indem Böhler sokratisch zeige, „dass kein Teilnehmer eines argumentativen Diskurses in Sachen Ethik eine letzte, unübertreffbare Verwendung zugunsten aller heutigen und zukünftigen Diskurspartner sinnvoll bezweifeln kann“ (9), gehe er vermittelnd über diesen Graben hinweg. Das letzte Kapitel des Bandes ist mit „Moral und Politik“ überschrieben. Damit ist die Themenstellung politischer Ethik bezeichnet, die sich mit dem Konflikt zwischen Interessendurchsetzung und der Anerkennung moralischer Grundsätze zu befassen hat. Böhler argumentiert nun, dass es sich dabei nicht um unversöhnliche Extreme handele. Interessendurchsetzung hänge „langfristig von Kompromissen“ (70) ab, die nur dann möglich seien, wenn es ein Mindestmaß an Vertrauen gebe. Vertrauen aber resultiere aus der gegenseitigen Anerkennung moralischer Grundsätze. Böhler setzt sich im Folgenden höchst kritisch mit der heute so gängigen Weber’schen Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik auseinander. Moral (Ethik) sei demnach als „subjektive bzw. private Gesinnungs- und Handlungsorientierung anzusehen, Politik hingegen als in doppeltem Sinne intersubjektive Ausübung von Herrschaft über und von Verantwortung für ein Gemeinwesen“ (72). Die Verantwortungsausübung erfolge dabei über Zweckrationalität und vermeintlich wertfreies Expertenwissen. Dies lehnt Böhler ab, da Situationseinschätzung und Entscheidungsfindung so dem öffentlichen Dialog entzogen werden, es handelt sich für ihn um „ein individualistisch verkürztes Moralverständnis“ (73).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.44 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Dietrich Böhler: Zukunftsverantwortung in globaler Perspektive. Frankfurt a. M.: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31623-zukunftsverantwortung-in-globaler-perspektive_37664, veröffentlicht am 28.01.2010. Buch-Nr.: 37664 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken