Verfassungsvergleichung in europa- und weltbürgerlicher Absicht. Späte Schriften. Hrsg. von Markus Kotzur, Lothar Michael
Häberles kaum zu überschätzendem Einfluss auf die deutsche Staatsrechtslehre steht seine immense Bedeutung im europäischen und internationalen Kontext nicht nach. Lange bevor die Internationalisierung des Rechts zum juristischen Modethema avancierte, beschäftigte er sich bereits mit grundlegenden Fragen des (Verfassungs-)Rechts als kulturwissenschaftlichem, nationale Grenzen überschreitendem Forschungsobjekt und mit den damit zusammenhängenden methodischen Fragen der Rechtsvergleichung. Wie groß das dabei behandelte Themenfeld ist, zeigt eindrucksvoll der Sammelband, der neben bereits publizierten auch erstmals veröffentlichte Beiträge enthält. Der erste Teil ist der grundlegenden These der „Verfassungslehre als Kulturwissenschaft“ gewidmet und versammelt insoweit sowohl Grundsatzaufsätze als auch kleinere anlassbezogene Stellungnahmen, die die praktische Relevanz besonders deutlich werden lassen. Der zweite Teil betrifft die „Verfassungsperspektiven für Europa“ und kontrastiert dabei u. a. so unterschiedliche Perspektiven wie die Analyse des Lissabonner Reformvertrag und juristischer Ausbildungszeitschriften in Europa. In den Beiträgen des dritten Teils wird Häberles bekannte These der offenen Gesellschaft der Verfassungsinterpreten in den internationalen Raum hinein fortentwickelt, und im vierten Teil schließlich werden unter der Überschrift „Wissenschaft als Lebensform – Erkenntnisse, Bekenntnisse und kritische Monita eines europäischen Juristen“ wissenschaftssoziologische wie pädagogische Einsichten und hochschulpolitische Plädoyers zusammengeführt. Der reichhaltige Ertrag der Lektüre des nach wie vor ungemein produktiven Juristen lässt darauf hoffen, dass den „späten Schriften“ noch zahlreiche „spätere“ folgen.