Skip to main content
Martha Vogel (Hrsg.)

Roter Teufel – mächtiger muğāhid. Widerstandsbilder im sowjetisch-afghanischen Krieg 1979-1989

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2008; 232 S.; 35,- €; ISBN 978-3-205-77655-0
Die Autorin analysiert in einem historischen, kulturell-islamischen und bildwissenschaftlichen Kontext Zeichnungen der Islamic Front of Afghanistan, die im pakistanischen Exil als direkte Reaktion auf die sowjetische Besatzung des Landes 1979-1989 entstanden. Das Material befindet sich heute im Besitz der Stiftung Bibliotheca Afghanica in der Schweiz. Die für Afghanen untypischen Bilder polemisieren gegen die Sowjets sowie die kommunistische Regierung Afghanistans und verherrlichen auch den islamischen Glaubenskämpfer. Zudem beziehen sich die Bilder inhaltlich allein auf die Gegenwart und die Vergangenheit, sodass die Autorin feststellen kann: „Sie klammern die Zukunft aus […] und können dahingehend interpretiert werden, dass sie das ‚ideologische’ Vakuum nach dem Kriegsende vorwegnehmen“ (207 f.). Ebenso zählt zum Inhalt der Bilder ein starker Glaube, „wer ihn nicht hat – so implizieren sie, gehört nicht dazu, ist fremd“ (209). Vogel kann jedoch über die Produzenten der Bilder nur spärliche Aussagen machen. Unter der Führung des Intellektuellen Sayyed Mahmood Farani wurden sie vermutlich von einer Gruppe unbekannter Zahl und Herkunft produziert, wobei am wahrscheinlichsten scheint, dass es sich um exilierte Studenten der Kabuler Kunstakademie handelt. Die Autorin betont, dass sich die Historiografie nur vereinzelt dem Plakat als Quelle zur Politikgeschichte zugewendet habe, obwohl es unmittelbar mit Wahl- und Propagandaplakaten sowie sozialkritischen Plakaten das politische Feld berühre. Sie spiegeln im vorliegenden Fall nicht nur den Kriegsverlauf wider, sondern visualisieren die unbeliebten kommunistischen Reformen oder demaskieren das staatliche Amnestieangebot an ins Ausland geflohene Bürger. Während das Plakat im westlichen Kulturraum an Bedeutung eingebüßt habe, so Vogel, „spielen sie in den Ländern des Südens immer noch eine bedeutende Rolle“ (177). Somit liegt eine Arbeit zur Bildinterpretation vor, die auch die Frage nach den eigenen Methoden behandelt und einen Beitrag zum Lesen und Verstehen von Massenpropaganda leistet.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 | 2.23 | 2.25 | 4.1 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Martha Vogel (Hrsg.): Roter Teufel – mächtiger muğāhid. Wien/Köln/Weimar: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30325-roter-teufel--maechtiger-muğāhid_35987, veröffentlicht am 24.03.2009. Buch-Nr.: 35987 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken