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Zoran Domić

Der Bundesstaat Bosnien und Herzegowina im Spannungsfeld von Integration und Desintegration

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2008 (Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 60); 249 S.; 78,- €; ISBN 978-3-8300-3905-1
Rechtswiss. Diss.; Gutachter: O. Luchterhandt, S. Oeter. – Domić setzt sich mit dem Verfassungstext, aber auch mit der Verfassungswirklichkeit Bosnien-Herzegowinas auseinander. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Integration, die nach Ansicht des Autors für das Land von zentraler Bedeutung ist. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte dieser Region und einer ausführlichen Darstellung verschiedener Theorien des föderalen Staatsaufbaus wird Bosnien-Herzegowina als staatliches Gebilde vorgestellt. Eine wichtige Informationsquelle sind dabei die Landesverfassung sowie die Verfassungen der beiden Teilstaaten. Jedoch wird auch – und das ist durchaus ein Gewinn – auf aktuellere Entwicklungen eingegangen. Hier waren in den vergangenen Jahren durchaus einige Bemühungen für eine bosnische Reformperspektive auszumachen. Der Umgang mit den umstrittenen Themen „konstitutive Völker“, zu denen (nur) Bosniaken, Kroaten und Serben gehören, sowie „vitale Interessen“, aus denen bei der (befürchteten) Bedrohung besonders wichtiger Anliegen für besagte „Völker“ umfangreiche Vetorechte im Gesetzgebungsprozess gefolgt sind, zeigt jedoch die Schwierigkeiten, mit denen konsensuale Entscheidungsfindungen in Bosnien behaftet sind. Domić kritisiert, dass die Verfassung „dem Aufbau einer Ethnokratie zu viel Raum eröffnet“ (217). Das ist auch der Grund dafür, dass es Vertreter der Internationalen Gemeinschaft und namentlich der Hohe Repräsentant sind, die die meisten wichtigen Reformen initiieren. Vor diesem Hintergrund kommt der Autor bei der Frage nach der Souveränität des Staates schließlich zu einer ambivalenten Einschätzung. Ohne internationale Hilfe funktioniere dieser Staat noch nicht. Nur wenn er sich gleichsam selbst am Schopfe aus dem Sumpf ziehe, könne dieses Ziel erreicht werden. Dafür seien jedoch weitere Bemühungen um Integration nötig. Allerdings tragen gerade Regelungen wie die der „vitalen Interessen“ dazu bei, „das Diktat des Ethnischen“ (214) zu festigen anstatt die Suche nach einem politischen Konsens in wichtigen gesamtstaatlichen Fragen zu fördern.
Daniel Gerstenhauer (DG)
M. A., Sozialwissenschaftler, Doktorand, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.61 | 2.21 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Zoran Domić: Der Bundesstaat Bosnien und Herzegowina im Spannungsfeld von Integration und Desintegration Hamburg: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30195-der-bundesstaat-bosnien-und-herzegowina-im-spannungsfeld-von-integration-und-desintegration_35807, veröffentlicht am 20.05.2009. Buch-Nr.: 35807 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken