Was ist Recht? Grundfragen der Rechtsphilosophie
Der seit 1998 emeritierte Mainzer Philosoph ist einer der profiliertesten Rechtspositivisten in Deutschland. Er hängt damit zweifellos der Minderheitsposition in einem Land an, dessen Rechtsphilosophie seit der Naziherrschaft von dem Willen getragen ist, keiner legalen Unrechtsherrschaft mehr hilflos gegenüberstehen zu müssen. Gegen die Behauptung, genau diese Hilflosigkeit sei Teil des Rechtspositivismus, formuliert Hoerster in seinem schmalen Band jedoch starke Argumente. Dabei widerlegt er zwar auch die Einwände der Naturrechtstheoretiker. Über weite Strecken setzt er sich jedoch mit Kritik aus dem eigenen Haus auseinander. Hoerster, der eine interessenethisch erweiterte Version der Rechtsphilosophie H. L. A. Harts vertritt, zielt dabei auf die „Reine Rechtslehre“ Hans Kelsens. Ihrer Kritik widmet er darüber hinaus auch einen mehr als zwanzigseitigen Anhang. Der Autor hat eine dichte und dennoch leicht lesbare Einführung in die Rechtsphilosophie verfasst, die konzise und kraftvoll für die Sache des Rechtspositivismus argumentiert. Stets ist Hoerster am systematischen Argument interessiert. Eine Darstellung der Forschungslandschaft sucht man deswegen vergebens. Auch geographisch hat sich der Autor beschränkt: Neben H. L. A. Hart arbeitet Hoerster nur mit deutschsprachigen Autoren. So übergeht er zum Beispiel Ronald Dworkin, dessen »populistische Argumente« er für „[p]hilosophisch unbefriedigend“ (90) hält. Diese kleinen Einschränkungen mindern allerdings nicht die Bedeutung seines Buches, das eine der wichtigsten philosophischen Rechtfertigungen des Rechtspositivismus in Deutschland enthält, die in den letzten Jahren verfasst wurde.