Der Bankier Abs (1901-1994) galt als einer „der mächtigsten und bekanntesten Vertreter der deutschen Wirtschaft“ (7). Auf der Grundlage akribischer Quellenforschung – so wurde erstmals das im Besitz der Deutschen Bank befindliche Privatarchiv von Abs ausgewertet – erzählt Gall in spannender und stilistisch brillanter Weise vom steilen Aufstieg Abs’ zum einflussreichen Bankier. In der Phase zwischen der Weltwirtschaftskrise, der Auflösung der Weimarer Republik und der Machtergreifung der Nationalsozialisten galt er als „Paradebeispiel“ für die wirtschaftspolitischen Grundvorstellungen „vieler Vertreter der Hochfinanz“ (9). Nach 1933 konnte Abs seine Karriere, anders als viele seiner jüdischen Berufskollegen, ungehindert fortsetzen. 1937 wechselte er zur Deutschen Bank. Als Vorstandsmitglied war er verantwortlich für das Auslandsgeschäft und somit zuständig für die Kriegskredite. Faktisch arbeitete er mit dem nationalsozialistischen Regime zusammen. Von den „offen aggressiven macht- und eroberungspolitischen Zielen, der Ideologie und den [...] Untaten des Nationalsozialismus“ habe er sich jedoch „intern distanziert“ (10). Nach 1945 gelang ihm eine „zweite Karriere“ (207): als finanzpolitischer Berater der britischen und amerikanischen Militärregierung, als Aufsichtsratsmitglied mehrerer deutscher Unternehmen, als Beteiligter beim Aufbau der Bank deutscher Länder, an der Spitze der Kreditanstalt für Wiederaufbau und erneut im Vorstand der Deutschen Bank. Dadurch sei es ihm gelungen, so Gall, in engen Kontakt zur politischen Spitze der neu entstehenden Bundesrepublik zu kommen, er zählte zum engsten Kreis der wirtschafts- und finanzpolitischen Berater der neuen Regierung und repräsentierte – wie Adenauer – das System des rheinischen Kapitalismus. In den 60er-Jahren war er eine der Schlüsselfiguren der deutschen Wirtschaft.