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Manfred Brocker

Protest - Anpassung - Etablierung. Die Christliche Rechte im politischen System der USA

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2004; 386 S.; kart., 39,90 €; ISBN 3-593-37600-8
Habilitationsschrift Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Köln. - Die Zunahme religiöser Konfliktlinien ist ein irritierendes Phänomen, das geläufigen modernisierungstheoretischen Annahmen widerspricht. Aus europäischer Perspektive werden Strömungen wie die der in den USA einflussreichen „Religious Right“ vielfach im Kontext der Extremismusforschung interpretiert und bewertet. Brocker hält diesen Zugang für unzureichend, weil damit weder die Besonderheiten des politischen Systems der USA noch die Entwicklungsdynamik der religiösen Rechten angemessen berücksichtigt werden. Das amerikanische System der Interessenvermittlung habe seine spezifische Stärke einer pluralistischen Integration von politischem Protest schon mit der Einbindung der reformliberalen Bewegungen der 50er- bis 70er-Jahre unter Beweis gestellt. Davon ausgehend will der Autor überprüfen, ob sich bei der religiösen Rechten - hier unterschieden in die beiden Phasen der 80er- („Neue Christliche Rechte“) und 90er-Jahre („Christliche Rechte“) - eine vergleichbare Anpassung an die Funktionsimperative des politischen Systems feststellen lässt, also „die Entwicklung von einer sozialen Bewegung über die organisatorische Auskristallisierung und die Ausbildung von Interessengruppen mit - systemkonformem - verbandlichem Strategienrepertoire hin zur Fraktion innerhalb einer Partei“ (27). Konzeptionell stützt sich die Studie auf neuere Ansätze der Bewegungsforschung („opportunity structure“-, Ressourcenmobilisierungs-, Framing-Ansatz); das empirische Material beruht auf Dokumentenanalysen und Experteninterviews mit Schlüsselakteuren. Der Autor sieht die Leistungsfähigkeit des amerikanischen Systems der Interessenvermittlung unter anderem in der bisher nicht eingetretenen Eskalation der Konflikte zwischen christlichen Fundamentalisten und Liberalen. Übertragen auf die generelle Frage einer Gewaltaffinität fundamentalistischer Gruppen könnte das die Vermutung begründen, dass der Schritt zur Gewalt weniger von spezifisch religiösen Motiven als von Partizipationsmöglichkeiten, gegebenen Chancenstrukturen und institutionellen Kontextbedingungen abhängt.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.64 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Manfred Brocker: Protest - Anpassung - Etablierung. Frankfurt a. M./New York: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/22542-protest---anpassung---etablierung_25719, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25719 Rezension drucken