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Günter Grass / Daniela Dahn / Johano Strasser (Hrsg.)

In einem reichen Land. Zeugnisse alltäglichen Leidens an der Gesellschaft

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2004; 640 S.; kart., 17,50 €; ISBN 3-423-34131-9
Der bereits 2002 bei Steidl im Hardcover erschienene Band enthält 55 Essays und Reportagen über Menschen in Deutschland, die in sozialen und materiellen Nöten leben. Die Autoren der Beiträge arbeiten als Journalisten, Publizisten, Schriftsteller und Fotografen. Sie berichten vom alltäglichen Unglück, der Geschichte des sozialen Abstiegs und den Folgen schwindender Lebenssicherheiten. Der Band gliedert sich in fünf thematische Kapitel, die jeweils von einer theoretischen Einführung und einer abschließenden Bildreportage eingefasst sind. Die Essays widmen sich individuellen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt, institutionellen Einrichtungen wie dem Parlament, den Medien oder dem Gesundheitswesen sowie der Erziehung und dem Familienleben. Abschließend werden die konkreten Folgen des Abbaus von Freiheit und Sicherheit im Zuge einer „Ökonomisierung des Menschen“ betrachtet. Diese Essaysammlung versteht sich, so Dahn im Vorwort, als ein Appell an eine Gesellschaft, die unter „selbstsüchtigem Individualismus“ (15), Selbstüberforderung und Demoralisierung bis hin zur Gewaltausübung leide. Die Zeugnisse des alltäglichen Leidens sind zumeist sehr detailreich und schildern oft sehr persönlich die Erfahrungen der Menschen in einer eigentlich wohlhabenden Gesellschaft. Hervorzuheben ist der essayistische Beitrag Strassers, der die Selbstökonomisierung des Einzelnen und die Grenzen des Fortschrittsglaubens in der gegenwärtigen Gesellschaft theoretisch fundiert darlegt. Aus dem Inhalt: I. Wirtschaft total liberal Johano Strasser: Schöne neue Arbeitswelt (19-32) Karin Kusterer: „Eigentlich kann man das nicht aushalten”. Drei Frauen am Computer (46-54) Angela Schmidt: Die unselbständigen Selbständigen. Glück und Elend in der neuen Arbeitsorganisation (55-63) Rosemarie Mieder / Gislinde Schwarz: „Wie sind halt keine Kaufleute gewesen“. Eine Pleite in Ostdeutschland (95-103) II. Der Preis der Anpassung Franziska Augstein: Mensch, paß Dich an! (137-145) Marianne Gronemeyer: „Unbewohnbar wie der Mond.“ Über die Selbstverwüstung der Hochschulen (146-153) Roger Willemsen: Als das Fernsehen erblindete. Über ein Medium, das Öffentlichkeit herstellt, indem es Wirklichkeit verliert (167-178) Herbert Riehl-Heyse: Bitte recht nahe stehen. Aus dem Leben des Journalisten Rudolf Großkopff (179-188) Gabriele Gillen: Das Elend der Welt oder: Die Praxis des Gesundheitswesens (204-228) Daniela Dahn: Angstgesellschaft. Das System als Krankheitsursache (229-241) III. Die Familie als kleinster Markt Hans -Joachim Maaz: In schlechter Gesellschaft (273-278) Marina Bohlmann-Modersohn: Restmenschen in der Restschule. Hauptschüler ohne Chance (288-297) Regina Scheer: „Eisig weht mir der Wind über das Gesicht.“ Straßenkinder in Deutschland (309-319) Reimer Gronemeyer: Die Alzheimer-Gesellschaft. Über die Barbarisierung des Alters (376-384) IV. Leben auf der Kippe Gert Heidenreich: Die Ränder so nah (397-403) Burkhard Schröder: Eine deutsche Karriere. Auf- und Ausstieg des Detlef Nolde (468-481) V. Alles, was Recht ist Rolf Gössner: „Wenn Recht zu Unrecht wird.“ Über die lange Tradition, Freiheitsrechte im Namen der Freiheit auszuhöhlen (505-522) Christian Gottschalk: Leben im Transit. Abschiebehaft am Frankfurter Flughafen (534-543) Karin Kusterer: „Da haben Sie halt Pech gehabt.“ Familie Sehi? und Familie Kern (544-551) Günter Grass: Zuletzt (629-631)
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.35 | 2.34 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Günter Grass / Daniela Dahn / Johano Strasser (Hrsg.): In einem reichen Land. München: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/20912-in-einem-reichen-land_24385, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 24385 Rezension drucken