Die Autorin beschäftigt sich ausführlich mit der Frage, welche Rolle der „Holocaust" in der politischen Kultur Israels spielt. Sie geht dabei von Benedikt Andersons These aus, derzufolge Nationen sich dadurch bilden, dass sie sich die (aus weltanschaulichen Gründen) gewaltsam zu Tode gekommenen Opfer einer konstruierten Vergangenheit aneignen. Dies zeichnet sie für die Ideologie des zionistischen Staates nach. Im ersten Kapitel untersucht Zertal dafür drei historische Ereignisse - die Schlacht um Tel-Chai (1920), die jüdischen Ghetto-Aufstände 1943 und die Geschichte des Flüchtlingsschiffs Exodus (1947), um die paradigmatischen Figuren historischen Erinnerns in Israel darzustellen. Das Heldentum Einzelner wird dem passiven Tod im „Holocaust" gegenübergestellt. Diese „selektive Vereinnahmung des Holocaust" verfolgt die Autorin ausführlich in einem zweiten Kapitel, das u. a. den berühmten Eichmann-Prozess behandelt. Dessen Einfluss auf die Interpretationen der israelischen Staatskrise von 1967 ist das dritte Kapitel gewidmet: Um einen „neuen Holocaust" zu verhindern, wurde ein „präventiver Erstschlag" geführt. Die Kontroverse über den Eichmann-Prozess zwischen Hannah Arendt und Gershom Sholem bestimmt das vierte Kapitel. Damit versucht die Autorin, Arendts über viele Jahre in Israel unterdrückte Stimme wieder hörbar zu machen. Das letzte Kapitel schließlich kontextualisiert die „Genese des Holocaust-Duktus" mit dem Aufbau und der Rechtfertigung der israelischen Militärmacht sowie der Frage nach den „gewollten oder ersehnten Grenzen des jüdischen Staates" (6).