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Alex Knoll / Sarah Schilliger / Bea Schwager

Wisch und weg! Sans-Papiers-Hausarbeiterinnen zwischen Prekarität und Selbstbestimmung

Zürich: Seismo 2012; 191 S.; 28,- €; ISBN 978-3-03777-109-9
„Mit einer kleinen Wegwisch-Aktion seitens des schweizerischen Staates können Sans-Papiers-Hausarbeiterinnen, die [in der Schweiz] leben und arbeiten, zum Verschwinden gebracht werden. Und niemand schaut hin. Es herrscht ein ‚strategisches Schweigen‘ rund um Hausarbeiterinnen ohne Aufenthaltspapiere.“ (13) Dabei ist ihre Arbeitskraft hoch willkommen, jeder 17. Privathaushalt im Kanton Zürich nimmt sie in Anspruch. Das Ziel dieser Studie, die im Auftrag der Sans Papiers Anlaufstelle Zürich (SPAZ) und des Denknetzes Schweiz entstand, ist es, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Sans-Papiers-Hausarbeiterinnen in der Region zu erforschen. Sie dient als „dringliche Einladung hinzuhören“ (13). Daher wurden 56 betroffene Frauen sowohl mithilfe eines Fragenbogens als auch in qualitativen Interviews befragt. Der genauere Tätigkeitsbereich, in dem die Frauen arbeiten, beschreiben die Autoren mit dem Begriff Haushaltsarbeit oder haushaltsbezogene Dienstleistungen, wozu die Bereiche Hausarbeit, Pflege und Betreuung zählen – was auf Englisch mit den drei C’s bezeichnet wird: Cooking, Cleaning, Caring. Unterschieden wird zwischen denen, die bei den Arbeitgebern wohnen, den „live-ins“, und solchen mit von Arbeitgebern unabhängigen Wohngelegenheiten, den „live-outs“ (32). Vermittelt wird ein Einblick in den Alltag der Sans-Papiers-Hausarbeiterinnen, die sich mit vielfältigen „Überlebens- und Widerstandsstrategien“ (152) durchschlagen und viel Improvisationstalent an den Tag legen. Dabei wird deutlich, dass die Frauen in ihrem Herkunftsland oftmals eine Familie und Kinder haben und nicht wenige verfügen über eine qualifizierte Ausbildung. Die Autoren bezeichnen sie als starke Persönlichkeiten, die – als „unternehmerisches Selbst“ (152) – über die Fähigkeit zur Selbstorganisation verfügen. Da sie überwiegend mobilitäts- und risikobereit sind, wären sie auf dem Schweizer Arbeitsmarkt theoretisch willkommen, doch angesichts der Tatsache, dass sie aus sogenannten Drittstaaten stammen, betreten sie den „Arbeitsmarkt durch die verbotene Hintertür, werden bestenfalls geduldet“ und führen ein „Leben ohne Rechte“ (14). Es gelingt in dieser Studie, über die Situation in der Schweiz hinauszublicken und die Umverteilung von Haushaltsarbeit auf Migrantinnen zu einer „Kernfrage der globalen Geschlechterpolitik“ (158) zu machen. Das Autorentrio empfiehlt, Arbeitsrechte in Privathaushalten durchzusetzen und die „Existenz und Expansion dieses rassistisch-sexistisch segregierten Arbeitssektors“ (168) zu hinterfragen. Der Bereich der Haus- und Betreuungsarbeit sollte stärker zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung gemacht werden.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.5 | 2.262 | 2.263 | 4.42 | 2.27 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Alex Knoll / Sarah Schilliger / Bea Schwager: Wisch und weg! Zürich: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14903-wisch-und-weg_42316, veröffentlicht am 31.01.2013. Buch-Nr.: 42316 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken