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Henk Dekker / Robert Aspeslagh

Ein besonderes Verhältnis. Deutschland und die Niederlande

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1999; 265 S.; brosch., 78,- DM; ISBN 3-7890-6285-5
Die Bundesrepublik ist der größte Handelspartner der Niederlande. Beide Länder haben zudem viele Gemeinsamkeiten: ob nun eine eher europafreundliche Grundeinstellung, ihre föderalen Systeme oder sozialdemokratisch geführte Regierungen. Doch es gibt zwischen beiden Ländern auch Trennendes: Während hierzulande oft ehrfurchtsvoll vom "Polder-Modell" und den Erfolgen der niederländischen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik gesprochen wird, pflegen viele Niederländer gegenüber ihrem großen Nachbarn Ressentiments. Um die Ursachen zu ergründen, haben Dekker und Aspeslagh mit Kollegen in drei Studien 1993, 1995 und 1997 insgesamt mehr als 4000 niederländische Schüler schriftlich befragt. Das Ergebnis ernüchtert: Deutschland ist dabei jeweils das EU-Land mit dem höchsten Prozentsatz für negative Attitüden und dem niedrigsten durchschnittlichen Sympathiewert. Es gilt als "arrogant", "dominant" (213) und als unpopulärstes Umzugsziel. Objektives Wissen über Deutschland erwies sich als begrenzt. Stattdessen wurde das Nachbarland in erster Linie mit Krawallen vor Asylbewerberunterkünften sowie dem Zweiten Weltkrieg assoziiert. Noch immer wird Deutschland als ein Land betrachtet, das "kriegslüstern" ist und "die Welt beherrschen will" (212). Das negative Deutschland-Bild, so folgern die Autoren, sei "auf die durchaus verständlichen Hassgefühle, die noch aus der Besatzungszeit herrühren" (8), zurückzuführen. Dies sei im Übrigen kein rein niederländisches Problem. Vergleichbare Deutschland-Attitüden würden auch in anderen Ländern, die unter der Besatzung von Nazi-Deutschland litten, ermittelt. Dagegen helfe schlussendlich nur eins: direkter Kontakt und Wissen über den Nachbarn, etwa durch Aufklärung und Austauschprogramme, sowie eine gemäßigte Einstellung zum eigenen Land. Die Untersuchung könnte auch für nicht speziell am deutsch-niederländischen Verhältnis Interessierte von Nutzen sein, da eine umfassende Aufarbeitung zum Komplex "Attitüden-Entwicklung" erfolgt.
Danyel T. Reiche (DAR)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.61 | 4.22 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Danyel T. Reiche, Rezension zu: Henk Dekker / Robert Aspeslagh: Ein besonderes Verhältnis. Baden-Baden: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12080-ein-besonderes-verhaeltnis_14414, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14414 Rezension drucken