Finanziell unterstützt durch die Hanns Martin Schleyer-Stiftung lud Calliess Wissenschaftler zu Gesprächen über die Zukunft des europäischen Verfassungsrechts ein. Einen Schwerpunkt der hier dokumentierten Veranstaltung bildete die Diskussion über den Begriff des europäischen Verfassungsverbundes, der von Ingolf Pernice geprägt wurde. Darunter versteht er die Verbindung der europarechtlichen Verträge mit denen der nationalen Verfassungen; er spricht von einem „integrierten Rechtssystem“ (62). Diesem Konzept des Berliner Europarechtlers wurden andere Interpretationen der europäischen Verfassung bzw. Verfassungsgebung gegenübergestellt. Christoph Möllers fragte nach der Verwendung der Begrifflichkeiten Staat und Verfassung in Bezug auf die EU: Können die Gründungsverträge als Verfassung bzw. kann die EU als Staat bezeichnet werden? Er wendet sich gegen die Auffassung, wonach die Verfassung allein auf die Funktion der Verrechtlichung von Herrschaft zu reduzieren sei. Das Politische der Verfassung komme zu kurz; Politik und Demokratie müssten in die Betrachtung miteinbezogen werden. Ergänzt wurde die Auseinandersetzung durch den Bericht des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Altmaier, der den Bundestag im Verfassungskonvent vertreten hatte, über die Position der Bundesregierung zur Zukunft des EU-Verfassungsvertrages. Diese verfolge die doppelte Strategie, einerseits „dem politischen Präzedenzfall der Aufgabe einer Vertragsänderung nach einem gescheiterten Referendum vorzubeugen“ (244 f.) und andererseits zugleich so viele Bestandteile wie möglich in einen abgespeckten Verfassungsentwurf zu überführen. Insgesamt eignet sich der Band eher für Europarechtler denn für Politikwissenschaftler.