Müller-Härlin vergleicht in dieser umfangreichen, aber dennoch bestens lesbaren Arbeit die in Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik geführten Parlamentsdebatten über den Beginn und die Vertiefung der europäischen Integration. Im Mittelpunkt stehen die Diskussionen über den Schuman-Plan, der 1952 zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl führte, und den 1992 im niederländischen Maastricht abgeschlossenen EU-Vertrag. Müller-Härlin fragt, wie in den ausgewählten Debatten Identität und Zusammengehörigkeit im Zusammenhang mit der europäischen Integration konstruiert werden, welche Rolle die Betonung des Nationalen oder des Europäischen dabei spielt und ob sich die Identifikationsmuster im Laufe der Zeit verändert haben. Der Autor identifiziert auf der Grundlage seines Vergleichs, dem eine detaillierte Auswertung der Parlamentsprotokolle und Drucksachen der französischen Nationalversammlung, des House of Commons und des Bundestages zugrunde liegt, vier Gemeinsamkeiten, die sowohl die europapolitischen Debatten der 50er- als auch die der 90er-Jahre prägen: Sie lassen allesamt eine intensive Diskussion über das angestrebte Ziel der europäischen Integration vermissen, verzichten auf eine Idealisierung des Integrationsprozesses, heben die friedensstiftenden und ökonomischen Leistungen der europäischen Einigung hervor und beklagen die unzureichende demokratische Ausgestaltung der europäischen Institutionen. Müller-Härlin kommt zu dem Schluss, dass die untersuchten Parlamentsdebatten weniger eine auf Europa hin ausgerichtete Identitätsbildung erkennen lassen, sondern eine nach wie vor auf den Nationalstaat fixierte.