/ 21.06.2013
Katharina Beier
Zwischen Beharren und Umdenken. Die Herausforderung des politischen Liberalismus durch die moderne Biomedizin
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2009 (Campus Forschung 937); 420 S.; kart., 43,- €; ISBN 978-3-593-38860-1Politikwiss. Diss. Greifswald; Gutachter: H. Buchstein. – Die Autorin geht von der Beobachtung aus, dass die Fortschritte in der Biomedizin, vor allem hinsichtlich der Verfahren der Gentechnik und der Reproduktionsmedizin, „ein neues Ausmaß an gesellschaftlichen Konflikten erzeugen, die für liberale Gesellschaften nicht allein regelungspraktische Probleme aufwerfen“. Bedroht sei „der normative Bestandskern liberaler Demokratien“ (16), weil Grundannahmen über das Zusammenleben in modernen pluralen Gesellschaften infrage gestellt werden. Am Beispiel von fünf Autoren, die sich im Rahmen ihrer liberalen Theorien mit der Biomedizin auseinandergesetzt haben, untersucht Beier die Konsequenzen aus den Problemstellungen dieses Politikfeldes für die politische Theorie des Liberalismus. Die Autoren sind H. Tristam Engelhardt, Jr., Allen Buchanan, Ronald Dworkin, Peter Singer und Jürgen Habermas. Aus den Einzelauswertungen zieht die Autorin ein vor allem kritisches Fazit und zeigt die Lücken und Problemverschleierungen auf. Nur Habermas habe seine Diskursethik umgebaut und auf die neuen Probleme durch die Biomedizin mit der „Einführung einer gattungsethischen Fundierung der Moral“ reagiert. Nach Ansicht von Beier ist der von Habermas eingeschlagene Weg ohne Alternative, „um der Gefährdung egalitärer zwischenmenschlicher Beziehungen und damit einer biomedizinisch induzierten Unterwanderung der öffentlichen Moral im Ganzen [...] einen Riegel vorzuschieben“ (290). Die Dringlichkeit für die liberale Theorie, auf den Zugriff der Biomedizin auf Individuen und Gesellschaft zu reagieren, arbeitet Beier in einem abschließenden Kapitel noch einmal heraus. Im Mittelpunkt stehen Überlegungen zu den Gefährdungen sowohl des Autonomie- als auch des Gleichheitsprinzips. Eine Vergewisserung bisheriger Grundsätze reiche nicht mehr aus, so Beier, gefordert seien eine „normativ gehaltvolle Konzeption des Mensch-Seins“ (380) und eine neue Definition der Individuen als autonome Entscheidungsträger. Als richtungsweisend benennt sie noch einmal die von Habermas angeregte Gattungsethik, die eine genetische Unverfügbarkeit enthält.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.42 | 5.43 | 5.44 | 5.46
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Katharina Beier: Zwischen Beharren und Umdenken. Frankfurt a. M./New York: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30929-zwischen-beharren-und-umdenken_36757, veröffentlicht am 13.10.2009.
Buch-Nr.: 36757
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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