/ 22.06.2013
David Karl Friedrich Mielchen
Über die (Un-)Möglichkeit der Legitimation offener Gesellschaften. Ein Diskurs anhand von John Rawls und Jürgen Habermas
Marburg: Tectum Verlag 2010; 108 S.; pb., 24,90 €; ISBN 978-3-8288-2321-1Die individuelle Freiheit des Einzelnen ist ein wesentliches Prinzip moderner Demokratien. Wie kann ein hierauf beruhendes politisches System Legitimität erzielen? Diese Fragestellung betrachtet Mielchen ausgehend von ausgewählten Beiträgen zur politischen Theorie des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich hierbei einerseits um John Rawls’ „Idee des politischen Liberalismus“ und „Das Recht der Völker“, andererseits um Jürgen Habermas’ „Faktizität und Geltung“. Da beide Autoren zudem oftmals Bezug nehmen auf die Staats-, Rechts- und Moralphilosophie von Immanuel Kant, werden Aspekte seiner Lehre – soweit sie dem Thema angemessen sind – ebenfalls näher dargestellt. Die gesellschaftliche Konzeption von Rawls betrachtet Mielchen skeptisch. Der Liberalismus wird hier seiner Meinung nach zu stark als geschichtlicher Endpunkt betrachtet. Alle in der Vergangenheit liegenden Entwicklungen seien in Relation zur Gegenwart gesetzt, sodass in ihrer Bewertung die Gefahr einer „normativen Glättung“ (37) bestehe. Dementsprechend gestalte sich die Legitimation bei Rawls problematisch. Diese gründe sich vornehmlich auf der Hoffnung, den Zynismus der Menschen bändigen zu können. Die Legitimation der offenen Gesellschaft liege damit in ihr selbst, weil sie vernünftig sei. Somit werde hier allein normativ argumentiert. Es seien dabei die Einflüsse des kategorischen Imperativs Kants deutlich zu erkennen. In „Faktizität und Geltung“ greife Habermas ebenfalls diese Überlegungen Kants auf und verbinde sie zudem mit dessen Rechtsbegriff. Der Bürger könne sich demnach an einem diskursiven Prozess der gesellschaftlichen Selbstgesetzgebung beteiligen, habe sich jedoch dem mit Sanktionsmacht ausgestatteten geltenden Recht unterzuordnen. Somit betreibt Habermas laut Mielchen bezüglich der Frage der Legitimation eine Entindividualisierung der Gesellschaft, indem er den Diskurs stark mache und dabei einen Rechtsbegriff mit „kasernierter Zwangsgewalt“ (100) implementiere. Die Legitimation offener Gesellschaft sei letztlich, so das Fazit des Autors, nicht durch einen strengen Nachweis ihrer Überlegenheit möglich, sondern vielmehr durch die Darstellung ihrer praktischen Errungenschaften. Deren Bewertung könne nur das Individuum vornehmen und keine objektive Instanz.
Arne Arps (AA)
M. A., Doktorand der Politikwissenschaft, Universität Vechta.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42
Empfohlene Zitierweise: Arne Arps, Rezension zu: David Karl Friedrich Mielchen: Über die (Un-)Möglichkeit der Legitimation offener Gesellschaften. Marburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32959-ueber-die-un-moeglichkeit-der-legitimation-offener-gesellschaften_39374, veröffentlicht am 25.10.2010.
Buch-Nr.: 39374
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M. A., Doktorand der Politikwissenschaft, Universität Vechta.
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