/ 04.06.2013
Kurt Bayertz (Hrsg.)
Solidarität. Begriff und Problem
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998; 533 S.; 29,80 DM; ISBN 3-518-28964-0Der Begriff der Solidarität ist gleichsam mehrfach codiert: er dient zur Bezeichnung einer den sozialen Zusammenhalt von Gruppen oder Gesellschaften verbürgenden Interaktionsform, er kennzeichnet die normative bzw. affektive Basis von Einstellungen und nicht zuletzt steht er als politischer Begriff für spezifische Wertsysteme sozialer Bewegungen. Diese Vieldeutigkeit macht den Begriff in den Augen etlicher Sozialwissenschaftler für theoretische Zwecke unbrauchbar. Allerdings verweist die weit verbreitete Verwendung der Solidaritätsformel in gesellschaftlichen Debatten jenseits akademischer Kommunikation auf einen grundsätzlichen Frage- und Reflexionsbedarf, der von den Sozialwissenschaften nicht ignoriert werden kann. In welcher Hinsicht nämlich lassen sich Folgen der Modernisierung mit dieser Vokabel angemessen beschreiben, erklären oder gar bewerten? Der Sammelband bietet ein sehr instruktives Spektrum unterschiedlicher - auch konträrer - Konzeptualisierungen des Solidaritätsbegriffs aus multidisziplinärer Perspektive (Philosophie, Sozialwissenschaften, Geschichts- und Rechtswissenschaften, Psychologie, Biologie). Die Abhandlungen beziehen sich auf begrifflich-konzeptuelle Fragen (vor allem in Teil I und III), aber auch auf historische (Teil II) bzw. bereichsspezifische Anwendungsmöglichkeiten der Kategeorie (IV bis VI). Alle Texte sind Originalbeiträge; sie gehen auf eine 1994 vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF - Uni Bielefeld) organisierte Konferenz zurück.
Inhalt: I. Solidarität - ein moralischer Grundbegriff?: Kurt Bayertz: Begriff und Problem der Solidarität (11-53); Ulrich Steinvorth: Kann Solidarität erzwingbar sein? (54-85); Nicholas Capaldi: Was stimmt nicht mit der Solidarität? (86-110); Georges Khushf: Solidarität als moralischer und politischer Begriff. Jenseits der Sackgasse von Liberalismus und Kommunitarismus (111-145); Veronique Munoz-Darde: Brüderlichkeit und Gerechtigkeit (146 -171). II. Solidarität in der Geschichte: Karl H. Metz: Solidarität und Geschichte. Institutionen und sozialer Begriff der Solidarität in Westeuropa im 19. Jahrhundert (172-194); Klaus Tenfelde: Arbeiterschaft, Solidarität und Arbeiterbewegung. Kommentar zum Beitrag von Karl H. Metz (195-201); Andreas Wildt: Solidarität - Begriffsgeschichte und Definition heute (202-216). III. Soziologische, psychologische und biologische Perspektiven: Helmut Thome: Soziologie und Solidarität: Theoretische Perspektiven für die empirische Forschung (217-262); Hans W. Bierhoff / Beate Küpper: Sozialpsychologie der Solidarität (263-296); Eckart Voland: Die Natur der Solidarität (297-318). IV. Solidarität, Recht und Staat: Erhard Denninger: Verfassungsrecht und Solidarität (319-344); Michael Baurmann: Solidarität als soziale Norm und als Norm der Verfassung (345-388); Steven Lukes: Solidarität und Bürgerrechte (389-398). V. Internationale Solidarität: Ulrich K. Preuß: Nationale, supranationale und internationale Solidarität (399-410); Wolfgang Kersting: Internationale Solidarität (411-429). VI. Solidarität in der (post-)modernen Gesellschaft: H. Tristram Engelhardt Jr.: Solidarität: postmoderne Perspektiven (430-452); Kevin Wm. Wildes: Solidarität in säkularen Gesellschaften. Engelhardt und das postmoderne Dilemma (453-462); Andreas Göbel / Eckart Pankoke: Grenzen der Solidarität. Solidaritätsformeln und Solidaritätsformen im Wandel (463-494); Ulrike Arndt: Solidarität. Eine Auswahlbibliographie (495-515).
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Kurt Bayertz (Hrsg.): Solidarität. Frankfurt a. M.: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5664-solidaritaet_7375, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 7375
Rezension drucken
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
CC-BY-NC-SA