/ 17.06.2013
Hauke Brunkhorst
Solidarität. Von der Bürgerfreundschaft zur globalen Rechtsgenossenschaft
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1560); 247 S.; kart., 10,- €; ISBN 3-518-29160-2Kernthese des Bandes ist der Satz, "dass Solidarität in modernen Gesellschaften mit dem Begriff der Demokratie zusammenfällt" (7). Dies unterscheide den heutigen Solidaritätsbegriff von älteren Vorstellungen eines Freundschaftsbundes einer Bürgerelite und beruhe auf dem Verständnis der jüdisch-christlichen Tradition. Demokratie sei die historisch bewährte Methode, Individualismus und Gesellschaft zu integrieren, zugleich aber auch im nationalen Maßstab die soziale Frage zu lösen. Im Zeitalter der Globalisierung plädiert Brunkhorst für eine notwendige Ausdehnung demokratischer Solidarität auf einen gleichfalls globalen Maßstab, da nur so die heutige soziale Frage weltweit lösbar sei. Dies ist verkürzt der Argumentationsgang, der unter Ausnutzung einer Vielfalt von originellen, stringent aufgebauten und sprachlich überzeugend vorgetragenen ideengeschichtlichen Bausteinen entwickelt wird. Der Autor rekurriert intensiv sowohl auf die jüdisch-biblische wie auf die griechische Geistesgeschichte, die auf ihren normativen Solidaritätsgehalt befragt wird. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Umfeld der Französischen Revolution und seiner Menschen- und Bürgerrechtsproblematik. Aber ebenso souverän zuhause ist Brunkhorst im heutigen Völkerrecht und Europarecht, mit dem er im dritten Teil argumentiert. Neben der rechtlichen steht die faktische Beweisführung, die politische, soziale und ökonomische Faktoren der Gegenwart anführt, um dann normativ in der Forderung globaler Solidarität zu münden. Die normativ-ideengeschichtliche Begründung aktueller politischer Forderungen macht den Band für dieses Teilfach besonders interessant - aber die dicht geführte persuasive Rhetorik sollte den Band über die Fachwissenschaft hinaus zu einem wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte werden lassen.
Inhalt: I. Stufen der Solidarität: 1. Bürgerfreundschaft; 2. Europa begann in Jerusalem - Brüderlichkeit; 3. Die Ideen von 1789 - Menschenrechtspatriotismus. II. Sozialintegration ohne Solidarität; III. Solidarität in der globalen Rechtsgenossenschaft: 1. Dezentrierung des Eurozentrismus; 2. Zentrum und Peripherie: Globalisierung alter Probleme; Hegemoniales Weltrecht; Schwache Öffentlichkeit; Starke Menschenrechte; Verfassungsfragen; 3. Und Europa?
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.42 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: Hauke Brunkhorst: Solidarität. Frankfurt a. M.: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/15492-solidaritaet_17655, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 17655
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Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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