Abschlussarbeit Potsdam. – In sich dynamisch wandelnden Gesellschaften und nicht zuletzt im Zuge von wirtschaftlichen Krisen sind der soziale Zusammenhalt und damit die Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt. Die Autorin fragt, ob sich durch den beschleunigten Wandel neue Solidaritätsformen entwickeln. Zur Beantwortung ihrer Frage stützt sie sich auf Émile Durkheims Konzept der Solidarität, das, so Busch, auf der Annahme beruhe, „Individualisierung und soziale Kohäsion schlössen sich nicht aus“. Zudem habe Durkheim auf pathologische Formen von Arbeitsteilung verwiesen sowie den Aspekt der verschiedenen Geschwindigkeiten gesellschaftlichen Wandels und das Auseinanderdriften von moralischer und technischer Entwicklung thematisiert. Hierauf aufbauend vertritt die Autorin die These, „dass mit dem Wandel von Gesellschaften keine automatische Entsolidarisierung einhergeht, sondern dass sich Solidarität mit der Entwicklung der Gesellschaften verändert“ (12). Als Weiterführung der Durkheim’schen Annahmen und mit Bezug auf weitere theoretische Ansätze (z. B. von Hartmut Rosa, Reinhard Koselleck oder Richard Sennett) arbeitet Busch ein mehrstufiges Solidaritätskonzept heraus, das sie auf Irland als Beispiel für eine sich beschleunigt verändernde Gesellschaft anwendet. Neben einer kurzen Skizze der jüngsten sozioökonomischen Entwicklung bezieht Busch den innergesellschaftlichen Diskurs hierüber in ihre Analyse ein. Die Autorin hält es für gerechtfertigt, im Falle Irlands von einer „defiziente[n] Solidarität“ (98) zu sprechen. Zwar lassen sich Beispiele für einzelne zuvor theoretisch erörterte Solidaritätsformen finden – etwa auf der Ebene von bürgerschaftlichem Engagement im kommunalen Bereich oder in Form von spontaner, ereignisabhängiger Solidarität. Fraglich aber sei, so das abschließende Fazit, „ob eine die gesamte Gesellschaft umfassende organische Solidarität im beschleunigten Wandel Zeit genug haben kann, um sich vollständig zu entwickeln“ (99). Die Arbeit ist primär für ein soziologisches Fachpublikum von Interesse.