Global Governance, verstanden als Institutionen‑ und Regelsystem zur Bewältigung globaler Herausforderungen, zielt auf die Entwicklung von Konzepten globaler Normen. Globale Normen stehen jedoch empirisch in einem Spannungsbezug zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Sich diesem Spannungsverhältnis näher zu widmen, muss deshalb ein notwendiges politikwissenschaftliches Anliegen sein. Die Herausgeberinnen und Autor_innen haben sich dem angenommen. Unter Anspruch verstehen sie „die politischen Ziele, die Ambitionen und Absichten hinter einer Norm oder einem Normenkomplex“ (9). In dieser Perspektive befasst sich Marianne Kneuer mit der Demokratieförderung als globaler Norm und kommt zu dem Ergebnis, dass nach Konvergenzen von Anspruch und Wirklichkeit in den 1990er‑Jahren das bisherige 21. Jahrhundert eher durch Tendenzen der Auseinanderbewegung gekennzeichnet ist. Samuel P. Huntingtons Wellenmodell scheint damit einmal mehr die praktisch‑politische Wirklichkeit abzubilden. Ein anderes Modell, das im globalen Normensystem von hoher Relevanz ist, erörtert Andrea Schapper für die Kinderrechtsimplementierung am Beispiel von Bangladesch. Um nämlich das Zusammenspiel zwischen der lokalen, nationalen und globalen Ebene zu erklären, eröffnet das Mehrebenenmodell mit Blick auf Implementationsmaßnahmen, Akteure und Adressaten/Zielgruppen eine synergetische Systematisierung. Der Band ist aber nicht nur in den genannten beiden Beiträgen auf Generalisierungen, Typisierungen und Modellierungen ausgelegt, sondern auch in den Überlegungen zu den Themenfeldern Frauenrechte, Gesundheit, Migration, Klimaschutz und atomare Abrüstung. Es ist deshalb ein Gewinn, dass die dem Band zugrunde liegende Hildesheimer Ringvorlesung des Sommersemesters 2011 nun auch ihre Buchdokumentation gefunden hat.