Skip to main content
/ 05.06.2013
Henning Ottmann

Geschichte des politischen Denkens. Band 4: Das 20. Jahrhundert. Teilband 1: Der Totalitarismus und seine Überwindung

Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler 2010 (Geschichte des politischen Denkens. Von den Anfängen bei den Griechen bis auf unsere Zeit); XII, 540 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-476-01633-1
Henning Ottmanns Opus magnum ist im 20. Jahrhundert angekommen. Mit diesem ersten Teilband eröffnet er den vierten Band über die Geschichte des politischen Denkens und rückt systematisch betrachtet den Totalitarismus und seine Überwindungen in den Mittelpunkt, formuliert dabei aber unter der Hand zugleich auch einen großen Entwurf zum Thema soziale Utopien und Dystopien. Denn während Ottmann seine Darstellung mit einem – auch in den bisher bereits erschienenen Bänden bereits als methodische Bereicherung für die politische Ideengeschichte unternommenen – theoretischen Ausflug in den Bereich der Literatur beginnt und sich explizit Dystopien (Wells, Huxley, Orwell u. a.) zuwendet, kann auch die Geschichte des Totalitarismus theoretisch als Geschichte von utopischen Weltbildern gelesen werden. Angesichts der Tatsache, dass die totalitären Ideologien und Weltanschauungen in jüngerer Vergangenheit oftmals weniger Beachtung im Rahmen der politischen Theorienforschung gefunden haben, liest sich Ottmanns Blick auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts damit auch als profunde, eindringliche Erinnerung an die Pluralität des politischen Denkens, zu der eben auch die radikalen Gegner von Pluralität gehören. Dass neben dem Faschismus und Nationalsozialismus sowie dessen Vordenkern der Konservativen Revolution und – dem völlig zu Recht in einem eigenen Kapitel gewürdigten – Carl Schmitt auch die Ansätze im Kontext der russischen und der chinesischen Revolution in die Darstellung integriert sind, zeigt nicht nur den immensen Fundus von Ottmanns Wissen, sondern kontextualisiert die sozialhistorischen Bewegungen des Totalitarismus auch intellektuell anspruchsvoll mit ihrem ideengeschichtlichen Background, aber eben auch Feedback. Dass Hannah Arendt als Konterpart des Totalitarismus ebenfalls gewürdigt wird, überrascht nicht – gleichwohl allerdings, dass zum Beispiel Franz L. Neumann oder Ernst Fraenkel nur sehr randständig erwähnt werden. Aber vielleicht darf man hier noch auf den zweiten Teilband über das 20. Jahrhundert hoffen?
Samuel Salzborn (SZ)
Prof. Dr., Professor für Grundlagen der Sozialwissenschaften, Institut für Politikwissenschaft, Georg-August-Universität Göttingen.
Rubrizierung: 5.45.465.425.435.342.252.312.622.68 Empfohlene Zitierweise: Samuel Salzborn, Rezension zu: Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens. Band 4: Das 20. Jahrhundert. Stuttgart/Weimar: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6538-geschichte-des-politischen-denkens-band-4-das-20-jahrhundert_8859, veröffentlicht am 25.10.2010. Buch-Nr.: 8859 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA