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/ 21.06.2013
Ursula Dallinger

Die Solidarität der modernen Gesellschaft. Der Diskurs um rationale oder normative Ordnung in Sozialtheorie und Soziologie des Wohlfahrtsstaats

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009; 269 S.; brosch., 34,90 €; ISBN 978-3-531-16553-0
Soziolog. Habilitationsschrift Hamburg. – Mit der Frage nach der Wurzel und der Möglichkeit von Solidarität in modernen Gesellschaften rührt Dallinger an ein altes und doch stets aktuelles Thema der Soziologie. Dabei untersucht sie zwei konkurrierende Erklärungsansätze: klassisch soziologische Konzepte und ökonomische Sozialtheorien. Sie nähert sich dem Thema über die Solidaritätskonzepte bei Durkheim und Parsons. Die Betrachtung dieser Entwürfe wird ergänzt durch das neuere Konzept der Solidarität durch Institutionen. Nötig wird dies, weil beide – Durkheim mit seiner Betonung von kollektiven Glaubensvorstellungen als Institutionen, wie auch Parsons, der stark auf kollektive Werte rekurriert – letztlich nicht über eine normative Theorie sozialer Integration hinauskommen. Für diese Erklärungen fehlt aber gerade in modernen Gesellschaften, die durch Individualisierung und Pluralisierung geprägt sind, oft die Grundlage. Der Verweis auf das Trittbrettfahrerproblem zeigt die zentrale Schwachstelle des utilitaristischen Standpunkts ökonomischer Sozialtheorien, die Solidarität als Ergebnis einer rationalen Nützlichkeitserwägung ansehen. Zwar nützen regulative Institutionen allen Beteiligten, aber die Erwartung eines freiwilligen Beitrags eines jeden zu diesen Institutionen kann mit ökonomischen Theorien nicht überzeugend erklärt werden. Nach einem umfangreichen Exkurs zur Begriffsgeschichte und der Einführung in Durkheims und Parsons’ Überlegungen zu Solidarität folgt die Vorstellung der ökonomischen Positionen. Dallinger führt zwei Kritikpunkte an Rational Choice an, indem sie auf das Gefangenendilemma und die kognitive Überforderung eines stets rational handelnden Akteurs verweist. In Anwendung der theoretischen Vorbetrachtung auf den Sozialstaat kommt die Autorin zu dem Schluss, dass der Solidaritätsbegriff „inmitten dieser Kontroverse zwischen ökonomischer und soziologischer Handlungstheorie“ (235) steht. Der Wohlfahrtsstaat ist also im Raum zwischen den beiden Polen rationaler Kooperation und kollektiver Deutungsmuster zu verorten.
Daniel Gerstenhauer (DG)
M. A., Sozialwissenschaftler, Doktorand, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.422.222.2622.342 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Ursula Dallinger: Die Solidarität der modernen Gesellschaft. Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30961-die-solidaritaet-der-modernen-gesellschaft_36798, veröffentlicht am 15.09.2009. Buch-Nr.: 36798 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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