Brownings These ist schlicht: Es führte von 1933/39 weder politisch noch formal ein geradliniger Weg zur Vernichtung der Juden ab 1942. Tatsächlich gab es keine klaren Weisungen durch Hitler an seine Paladine; hier und da griff der Diktator ein, blieb aber vielfach undeutlich, wie er sich die konkrete Judenpolitik vorstellte. Bis 1942, als die „Endlösung" auch mit dem Begriff „Vernichtung" endgültig gleichgesetzt wurde, existierten mehrere Ansätze. Die verschiedenen Entscheidungsträger schwankten zwischen der umfassenden Abschiebung und Vertreibung, der Ausnutzung von Arbeitskraft, der Gettoisierung und schließlich der systematischen Ermordung. Erst ab 1942, als die SS sich des „Problems" uneingeschränkt angenommen hatte, verengte sich die nationalsozialistische Judenpolitik auf die Vernichtung. Trotz seiner vielfach nebulösen Meinungsäußerungen fand Hitler in Himmler einen kongenialen Interpreten seiner Absichten. Unbestritten ist, dass die Besessenheit des Diktators niemals nachließ, auch wenn seine Weisungen und Äußerungen immer wieder zu Interpretation Raum ließen. Mancher Karrierist, wie Eichmann, nutzte diese Freiräume zur Selbstdarstellung und Empfehlung an die Vorgesetzten. So wenig die Vernichtung von Beginn an geplant war, so sehr war die NS-Judenpolitik von den militärischen Erfolgen der Wehrmacht abhängig: Einer Siegeseuphorie folgte stets Hitlers Drängen auf eine Endlösung, das dann seine Helfer in die Praxis umsetzten. Brownings lesenswerte Darstellung bietet zwar viel Bekanntes, aber durch ihre Konzentration auf die Entscheidungsabläufe, die Widersprüchlichkeiten, die Konkurrenzen in der NS-Bürokratie öffnet Browning den Blick auf eine Diktatur, deren selbst elementare Ideologieversatzstücke keineswegs von langer Hand geplant und forciert in die Tat umgesetzt wurden.