/ 22.06.2013
Liliane Weissberg (Hrsg.)
Affinität wider Willen? Hannah Arendt, Theodor W. Adorno und die Frankfurter Schule. Hrsg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2011 (Jahrbuch 2011 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust); 235 S.; kart., 24,90 €; ISBN 978-3-593-39490-9In diesem Tagungsband steht die Beziehung zwischen Hannah Arendt und verschiedenen Vertretern der Frankfurter Schule wie Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Jürgen Habermas, aber auch zu Walter Benjamin im Mittelpunkt. Hauke Brunkhorst befasst sich zunächst kenntnisreich mit der Rolle der Macht der Verfassung im Werk Arendts, ihren Verfassungsbegriff arbeitet er unter der Berücksichtigung der Position von Habermas deutlich heraus. Hierbei verweist Brunkhorst auch auf Inkonsistenzen in Arendts politischer Perspektive. Bei den folgenden Kapiteln ergibt sich eine Dreigliederung, mit der Hannah Arendt in Beziehung zu Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und dem zum erweiterten Kreis der Frankfurter Schule gehörenden Walter Benjamin gesetzt wird. Zunächst erörtert Ingeborg Nordmann die Rolle des Widerstandsbegriffs in den jeweiligen Werken von Adorno und Arendt. Sie schließt mit der Kritik Arendts an Adornos distanzierter Haltung, die etwas schärfer bereits auch schon Lukács geäußert hatte. Detlev Claussen hingegen befasst sich mit Gershom Sholem und seiner Beziehung zu Adorno und Arendt. Eva-Maria Ziege schließlich betont die fundamentale Rolle, die die Werke Adornos und Arendts, insbesondere „The Authoritarian Personality“ und „The Origins of Tolitarianism“, für die Entwicklung der Antisemitismusforschung gespielt haben und weist hier Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den jeweiligen Antisemitismuskonzeptionen auf. Im Beitrag zu Horkheimer und Arendt geht Monika Boll der Beziehung beider zum Judentum nach. Hierbei lassen sich einige Gemeinsamkeiten ausmachen, wenn auch Arendt und Horkheimer eine unterschiedliche Position beispielsweise in der Verortung der Shoah einnehmen. Zum Schluss des Buches folgen vier Beiträge zu Arendt und Benjamin. Hier geht zunächst Ronald Beiner der Bedeutung von Benjamins Begriff der Geschichte für Arendts politische Theorie nach. Annika Thiem hingegen stellt ausführlich und detailliert Arendts Marx-Kritik dem Benjamin’schen Verständnis von Marx gegenüber. Liliane Weissberg geht auf die Bekanntschaft Arendts mit Benjamin, deren historischen Kontext sowie die Bedeutung von Arendts Benjamin-Rezeption für ihre politische Theorie nach. Burkhardt Lindener erläutert schließlich den Streit Adornos mit Arendt, der auf der unterschiedlichen Benjamin-Interpretation, aber auch dem Anspruch beider gründet, dessen Nachlassverwalter zu sein. Insgesamt ist der Band ein gelungener Versuch, entgegen dem Denken in starren Kategorien Verbindungen zwischen bedeutenden Theoretikern der Nachkriegszeit herzustellen.
Daniel Kuchler (DK)
M.A., Politikwissenschaftler (Historiker, Linguist/Literaturwissenschaftler), Promovierender, Department of Political Science, Rockefeller College, State University of New York at Albany.
Rubrizierung: 5.46 | 5.42 | 5.1
Empfohlene Zitierweise: Daniel Kuchler, Rezension zu: Liliane Weissberg (Hrsg.): Affinität wider Willen? Frankfurt a. M./New York: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34471-affinitaet-wider-willen_41403, veröffentlicht am 27.01.2012.
Buch-Nr.: 41403
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M.A., Politikwissenschaftler (Historiker, Linguist/Literaturwissenschaftler), Promovierender, Department of Political Science, Rockefeller College, State University of New York at Albany.
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