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/ 21.06.2013
Wolfgang Thierse / Heiner Ludwig (Hrsg.)

Arbeit ist keine Ware! Über wirtschaftliche Krisen, normative Orientierung und politische Praxis

Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2009; 228 S.; kart., 14,95 €; ISBN 978-3-451-30290-9
Im Mittelpunkt des Dialogs zwischen Sozialdemokraten und Sozialkatholiken steht die Frage nach dem Stellenwert von Arbeit in der Gesellschaft. Dabei verstehen sich die Autoren nicht als Grabredner einer abgeschlossenen Diskussion, sondern forcieren erst deren Anstoß im Sinne des von Johano Strasser gezeichneten Verlustes von Erwerbsarbeit im Zuge der weiteren Technisierung und Mechanisierung. Überzeugung aller ist dabei das Postulat: „Arbeit ist keine Ware – auch wenn sie wie eine Ware gehandelt werden muss.“ (16) Der Kern der Debatte wird von den Thesen Matthias Möhring-Hesses vorgegeben. Der Blick auf die menschliche Erwerbsarbeit verdeckt weitere zivilgesellschaftlich wichtiger werdende Bereiche von Arbeit, wie Familienarbeit oder Ehrenämter. Zugleich wird die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung des individuellen Arbeitsvermögens immer mehr bedroht. Gerade bei geistig Arbeitenden beobachtet Möhring-Hesse eine zunehmende Überbeanspruchung der subjektiven Motivation, aufgrund der Anforderung, sich immer schneller Arbeitsaufgaben aneignen zu müssen. Auch allgemein führe die Forderung nach Fähigkeiten, die über die reine Arbeitskraft hinausgehen und die gleichzeitige Angst vor dem Jobverlust zu steigenden Zahlen psychischer Erkrankungen. Der Wohlfahrtsstaat müsse daher sowohl die Kommodifizierung, d. h. die Regelung des Arbeitsmarktes, als auch die Dekommodifizierung im Sinne einer Abkopplung sozialer Sicherheit vom Arbeitsmarkt steuern. Eine zukunftsfähige Politik sollte sowohl die ethische Bedeutung von Arbeit für die menschliche Persönlichkeit würdigen als auch eine Kultur der Freiheit und ökologischen Ressourcennutzung etablieren, also eine menschliche Lebenswelt entwickeln, die sich von der Konzentration auf die bisher gekannten Arbeitsprozesse als ökonomische Grundlage lösen kann. Die im Sammelband von Ethikern und politischen Praktikern vorgestellte Auseinandersetzung mit dem Begriff „Arbeit“ erhält ihre Würze dadurch, dass die Autoren sich von der tagesaktuellen Diskussion um Arbeitsplatzsicherung und Kürzung von Sozialausgaben lösen können.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.3422.353.5 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Wolfgang Thierse / Heiner Ludwig (Hrsg.): Arbeit ist keine Ware! Freiburg i. Br./Basel/Wien: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31253-arbeit-ist-keine-ware_37176, veröffentlicht am 04.05.2010. Buch-Nr.: 37176 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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