Aus der Annotierten Bibliografie
Bei allem Idealismus ein realistischer Machtpolitiker. Literatur zur Außenpolitik von Barack Obama im Überblick
06.03.2018
Barack Obama im Gespräch mit dem Dalai Lama. (Official White House Photo by Pete Souza / Wikimedia Commons)
Wie groß die Hoffnungen waren, die die Weltgemeinschaft mit Barack Obama verband, manifestierte sich mit dem Friedensnobelpreis – nicht einmal zwölf Monate nach seiner Amtseinführung als 44. Präsident der Vereinigten Staaten wurde ihm im Dezember 2009 diese Ehre zuteil. Erwartet wurde allgemein eine Neuorientierung der US-amerikanischen Klima-, Außen- und Sicherheitspolitik und tatsächlich setzte Obama bald erste Zeichen: mit einer Annäherung an die arabische Welt und mit der Prager Rede vom April 2009 über die Vision einer atomwaffenfreien Welt. Heinz Gärtner charakterisierte Obamas Außenpolitik als eine Vereinigung von realistischer Macht und idealistischer Menschrechtspolitik.
Anhand der Kurzrezensionen, die in der Annotierten Bibliografie der Politikwissenschaft vor allem zur ersten Amtszeit erschienen sind, lassen sich Kontext – die Welt nach dem Ende des Kalten Krieges – wie akute Herausforderungen schlaglichtartig nachvollziehen. Dazu zählten die von der Vorgänger-Administration „geerbten“ Kriege im Irak und in Afghanistan sowie das Gefangenenlager in Guantanamo. Als Schwerpunkte der Regierungszeit von Obama fallen dann der zunehmende Drohnenkrieg, das Atomabkommen mit dem Iran und die Verschiebung des Hauptaugenmerks auf den asiatischen Raum auf. Andere umfassende Analysen der Außenpolitik in beiden Amtszeiten sind unter der Rubrik „weitere Literatur“ aufgeführt.
Andrew J. Bacevich
Grenzen der Macht. Das Ende des amerikanischen Traums? Aus dem Amerikanischen von Friedrich Griese
Hamburg: Hoffmann und Campe 2009; 238 S.; geb., 20,00 €; ISBN 978-3-455-50117-9
Bacevichs Essay über die Grenzen amerikanischer Außenpolitik hat bereits vor einiger Zeit heftige Diskussionen in der US-Öffentlichkeit ausgelöst. Nun ist das Buch auch auf Deutsch erhältlich. Der Kern der Argumentation besteht in einer fundamentalen Kritik an den Exzessen amerikanischer Außenpolitik in den vergangenen Jahren, aber auch an den überzogenen Erwartungen, die von der Bevölkerung an den neuen Hoffnungsträger Barack Obama herangetragen wurden. Bacevich betont die historischen, soziale...
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Bergedorfer Gesprächskreis (Hrsg.)
Grenzen der Macht: Europa und Amerika in einer neuen Weltordnung
Hamburg: edition Körber-Stiftung 2010 (145. Bergedorfer Protokoll); 109 S.; 11,- €; ISBN 978-3-89684-256-5
Europäische und US-amerikanische Politiker und Wissenschaftler diskutierten im 145. Bergedorfer Gesprächkreis, der im März 2010 in Washington, D.C. stattfand, über sechs Themen: die transatlantischen Beziehungen, den Zustand des Westens und sein Verhältnis zu Russland und China, Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung, die Politik gegenüber dem Iran, das Problem des Staatszerfalls sowie die Politik in Afghanistan. Im Vordergrund standen also klassische geo- und sicherheitspolitische Fragen. Die ...
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Mark Bowden
Killing Osama. Der geheime Krieg des Barack Obama. Aus dem Amerikanischen von André Mumot
Berlin: Berlin Verlag 2012; 332 S.; brosch., 14,99 €; ISBN 978-3-8270-1146-6
„The Finish“, lautet der Titel im Original und umfasst sehr treffend, was Bowden beschreibt: Den Abschluss einer mehr als zehnjährigen Suche nach dem Verursacher des amerikanischen Traumas vom 11. September 2001. Allerdings ist das eigentliche „Finish“ nur ein Teil des Berichtes: Bowden beschreibt vornehmlich, wie die US‑Administration nach 2001 lernte, einen Terroristen zu jagen, der sehr genau wusste, wie er sich den konventionellen Suchverfahren entziehen konnte....
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Tobias ten Brink (Hrsg.)
Globale Rivalitäten. Staat und Staatensystem im globalen Kapitalismus
Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2011 (Staatsdiskurse 16); 225 S.; 42,- €; ISBN 978-3-515-09905-9
Die Autoren setzen sich in diesem Sammelband mit den Entwicklungstendenzen und Rivalitäten der Staaten nach Ende des Kalten Krieges auseinander. Die rasch voranschreitende Globalisierung brachte, entgegen der Erwartungen, „erhebliche Instabilitäts-, Fragmentierungs- und Krisenmomente“ (9) mit sich. Die modernen zwischenstaatlichen Rivalitäten reichen von Auseinandersetzungen innerhalb internationaler politischer Organisationen über wirtschaftspolitische Spannungen bis zu militärische...
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Tobias Endler
How to Be a Superpower. The Public Intellectual Debate on the Global Role of the United States after September 11
Opladen u. a.: Barbara Budrich Publishers 2012 ; 303 S. ; pb., 29,90 €; ISBN 978-3-8474-0035-6
Diss. Heidelberg; Begutachtung: D. Schloss, M. Thunert. – Nachdem die Gründerväter der USA – die erste Generation von Intellektuellen, wie Tobias Endler sie nennt, – ihre Ideen erfolgreich realisiert hatten, entstand in der US‑amerikanischen Öffentlichkeit eine große Skepsis gegenüber allem mit intellektuellem Anstrich. Nun, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, kommt es erneut zu Veränderungen, und es wird für die politischen Denker der USA Zeit, ihre Rolle neu zu definieren. ...
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Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) / Bonn International Center for Conversion (BICC) / Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) (Hrsg.)
Friedensgutachten 2010. Hrsg. von Christiane Fröhlich, Margret Johannsen, Bruno Schoch, Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hipple
Berlin: Lit 2010; 414 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-643-10602-5
Der Schwerpunkt des von den fünf großen Friedensforschungsinstituten herausgegebenen Bandes ist in diesem Jahr der Konflikt in Afghanistan. Im ersten Abschnitt werden die ISAF, die neue Strategie Obamas, die Taliban, die Rolle Pakistans im Konflikt und die Zusammenhänge der Drogenökonomie thematisiert. Als Ergebnis schreiben die Herausgeber: „Der einzige mittelfristig denkbare Erfolgsansatz besteht in der Transformation der afghanischen Staatlichkeit in ein funktionierendes politisches Gem...
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Heinz Gärtner
Der amerikanische Präsident und die neue Welt
Wien/Berlin: Lit 2012 (Politik aktuell 13); 225 S.; brosch., 24,90 €; ISBN 978-3-643-50453-1
Heinz Gärtner widmet sich der zweiten Präsidentschaft von Barack Obama, an die vielfältige Anforderungen gestellt werden. Dabei blickt er zunächst auf die Erfolge und Misserfolge des Präsidenten und konstatiert, „dass viele Urteile über die letzten vier Jahre seiner Administration einer genaueren Analyse nicht standhalten. Sie erweisen sich als vorschnell“ (3). Obama habe die Themen Sicherheit und Verteidigung wieder als für die Demokratische Partei wichtige Punkte deklariert und anh...
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Heinz Gärtner (Hrsg.)
Obama and the Bomb. The Vision of a World Free of Nuclear Weapons
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2011 (Internationale Sicherheit 9); 311 S.; geb., 39,- €; ISBN 978-3-631-61263-7
„Countries with nuclear weapons should move towards disarmament, countries without nuclear weapons should not acquire them, and all countries could enjoy access to peaceful nuclear energy.” (298) Dies ist die zentrale Botschaft der von Präsident Obama im April 2009 in Prag verkündeten Atom-Doktrin der USA. Heinz Gärtner betont, dass Obama damit einen grundlegenden Bruch mit der – von Samuel Huntingtons Kampf der Kulturen inspirierten – alten Doktrin der Bush-Administratio...
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Bernd Greiner / Tim B. Müller / Klaas Voß (Hrsg.)
Erbe des Kalten Krieges
Hamburg: Hamburger Edition 2013 (Studien zum Kalten Krieg 6); 507 S.; geb., 35,- €; ISBN 978-3-86854-258-5
Der Kalte Krieg ist lange vorbei – aber wie und in welchen Bereichen wirkt er bis heute nach? Dieser Frage gehen die 29 Autorinnen und Autoren in einem weiten Themenspektrum, das von Betrachtungen der internationalen Sicherheitspolitik bis hin zur Wahrnehmung singulärer historischer Ereignisse reicht, nach. Untergliedert ist der Band in vier Kapitel. Im ersten Teil wird die Bedeutung des Staates als Mittel der Sicherheitsgarantie betrachtet, im Vordergrund stehen die USA. William Walker er...
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Gerlinde Groitl
Strategischer Wandel und zivil-militärischer Konflikt. Politiker, Generäle und die US-Interventionspolitik von 1989 bis 2013
Wiesbaden: Springer VS 2015; 743 S.; 69,99 €; ISBN 978-3-658-07482-1
Politikwiss. Diss. Regensburg; Begutachtung: S. Bierling, U. Hebel, R. Meier‑Walser. – Gerlinde Groitl untersucht die zivil‑militärischen Beziehungen vom Fall des Eisernen Vorhangs bis zur ersten Amtszeit von Obama und damit über einen vier Präsidentschaften (Bush sr., Clinton, Bush jr., Obama) umfassenden Zeitraum hinweg, in dem es „nicht nur einen markanten Anstieg in der Konfliktquantität, sondern auch in der Konfliktqualität gab“ (19). Das...
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Steffen Hagemann / Wolfgang Tönnesmann / Jürgen Wilzewski (Hrsg.)
Weltmacht vor neuen Herausforderungen. Die Außenpolitik in der Ära Obama
Trier: WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (Atlantische Texte 39); X, 464 S.; kart., 36,50 €; ISBN 978-3-86821-547-2
Mit hohen Erwartungen und einigen Vorschusslorbeeren gestartet, gilt Barack Obamas Bilanz heute vor allem in der Außenpolitik als bestenfalls durchwachsen. Bei aller rhetorischen Abkehr von seinem Vorgänger hatte er indes keinen Zweifel daran gelassen, dass er „das traditionelle Rollenverständnis der USA als einer westlichen Führungsmacht“ aufrechterhalten wollte. Es sollte dabei allerdings „effektiver und kostenbewusster ausgerichtet werden“ (3). Der Sammelband zeigt, wie sich die Neu‑ oder Umformulierung des Führungsanspruchs ...
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John C. Kornblum / Dieter Kronzucker
Mission Amerika. Weltmacht am Wendepunkt
München: Redline Verlag 2009; 319 S.; hardc., 24,90 €; ISBN 978-3-86881-032-5
Der US-Diplomat Kornblum und der Journalist Kronzucker erörtern den Machtwechsel in den USA, den sie als Zäsur empfinden. Präsident Barack Obama verkörpert ihrer Ansicht nach nicht nur einen neuen Führertypus, sondern auch einen Transformationsprozess in eine neue amerikanische Gesellschaft. So bewerten sie dessen erste 100 Tage im Amt auch deswegen als positiv, weil er parallel zum Krisenmanagement in der Finanzkrise auch Verfügungen aufgehoben hat, die Folter erlaubten oder den Schutz der Mens...
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Katja Leikert
Zwischen Eindämmung und Diplomatie. Die US-Sicherheitspolitik gegenüber Iran und Nordkorea
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Nomos Universitätsschriften: Politik 172); 285 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-5383-6
Sozialwiss. Diss. Kaiserslautern; Gutachter: J. Wilzewski, A. Falke. – Die USA haben gegenüber der Islamischen Republik Iran in den vergangenen Jahren eine vergleichsweise teure, weil härtere Politik verfolgt, die unilaterale Sanktionen mit extraterritorialen Wirkungen umfasste und aufgrund ihres konfrontativen Charakters zudem ein hohes Risiko mit sich brachte. Doch warum eigentlich? Leikert beschreibt am Beispiel der US-amerikanischen „Schurkenstaaten“-Politik, wie sicherheit...
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Günther Maihold / Jörg Husar (Hrsg.)
Energie und Integration in Nord- und Südamerika
Opladen/Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich 2010; 327 S.; 36,- €; ISBN 978-3-86649-163-2
Der amerikanische Kontinent umfasst Länder, die sich in ihrer Ausstattung mit energetischen Ressourcen und deren Verbrauch deutlich voneinander unterscheiden. Maihold und Husar rekonstruieren mit ihrem Sammelband die energetischen Abhängigkeiten und Interaktionsmuster. Maihold skizziert z. B. die Dynamik der zwischenstaatlichen Beziehungen im Spannungsfeld geopolitischer Erwägungen mit dem Ziel, Muster der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Öl, Gas und alternativen Energien zu entdecken. E...
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Avi Primor
Frieden in Nahost ist möglich. Deutschland muss Obama stärken
Hamburg: edition Körber-Stiftung 2010 (Standpunkte); 95 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-89684-140-7
Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland schildert in diesem Band seine Vision für die Bedingungen eines Friedens zwischen Israel und den Palästinensern. Für die politische Ausgestaltung eines solchen Friedens gab es bereits viele Entwürfe, die sich nach Ansicht des Autors nur in unbedeutenden Details unterschieden. Primor ist davon überzeugt, dass nur eine europäische Friedensarmee in der Lage wäre, den Nahost-Konflikt durch ihre Sicherheitsgarantie für alle Beteiligten zu beenden. ...
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Peter Rudolf
Das "neue" Amerika. Außenpolitik unter Barack Obama
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010 (edition suhrkamp 2596); 168 S.; 10,- €; ISBN 978-3-518-12596-0
An keinen US‑Präsidenten knüpften sich in den letzten Jahrzehnten so große Hoffnungen wie an Barack Obama. Tatsächlich legte er nach seiner Amtseinführung ein unglaubliches Tempo vor: Die Truppen in Afghanistan wurden aufgestockt, Guantanamo sollte geschlossen werden und der neue Präsident hat den Dialog mit der islamischen Welt bzw. die Regelung des arabisch‑israelischen Konflikts zu einem wichtigen Teil seines Programms gemacht. Doch zugleich stand seit Langem kein neuer Präsident ...
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Christina Ruta
Begriffskonflikte in der internationalen Politik. Zur Logik der Kontroverse zwischen den USA und der Islamischen Republik Iran
Göttingen: V&R unipress 2012; 423 S.; geb., 59,99 €; ISBN 978-3-89971-896-6
Christina Ruta geht davon aus, dass ein rationaler Streit zwischen dem Iran und den USA nicht gelingen kann, solange sich beide Seiten auf ihre ideologischen Positionen stützen. Den Hauptteil ihrer Arbeit widmet sie dabei der Zeit, in der George W. Bush US‑Präsident war. Die US‑Regierung sei der Meinung gewesen, dass sie es mit Extremisten zu tun habe, die unter dem „Term Anhänger radikal‑islamischer bzw. (libanesischen) Hizbullah und der (palästinensischen) Hamas“ ...
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Peter Strutynski (Hrsg.)
Töten per Fernbedienung. Kampfdrohnen im weltweiten Schattenkrieg
Wien: Promedia 2013; 222 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-85371-366-2
Angesichts der gestiegenen Verbreitung von bewaffneten und unbewaffneten unbemannten Luftfahrzeugen – gemeinhin als Drohnen bezeichnet – und deren Einsatz zur gezielten Tötung von Terrorverdächtigen im Rahmen des sogenannten Krieges gegen den Terror, wird in vielen Staaten, darunter Deutschland, eine Debatte über die Rechtmäßigkeit, Effektivität, Ethik und Moral der Verwendung dieser Technologie geführt. Vor diesem Hintergrund leistet Peter Strutynski, Leiter der Arbeitsgruppe Friedensforschung an der Universität Kassel...
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Bob Woodward
Obamas Kriege. Zerreißprobe einer Präsidentschaft. Aus dem Englischen von Henning Dedekind, Helmut Dierlamm und Dagmar Mallett
Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 2011; 490 S.; geb., 24,99 €; ISBN 978-3-421-04508-9
Der Journalist Bob Woodward nutzte aufs Neue seine engen Kontakte zum Weißen Haus, um diesmal die Hintergründe der US-amerikanischen Afghanistanstrategie unter Präsident Obama zu recherchieren. Herausgekommen ist dabei wieder ein typischer Woodward: eine oft minutiöse Nacherzählung der Begebenheiten im besten amerikanischen Storytelling, in der er die Aussagen aneinanderreiht („Obama sagte…“, „Gates meinte…“, „Clinton sagte…“), ohne jedoch ei...
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