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Oliver Trede

Zwischen Misstrauen, Regulation und Integration. Gewerkschaften und Arbeitsmigration in der Bundesrepublik und in Großbritannien in den 1960er und 70er Jahren

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2015 (Studien zur Historischen Migrationsforschung 28); 424 S.; 54,- €; ISBN 978-3-506-77667-9
Politikwiss. Diss. Köln; Begutachtung: N. Finzsch. – Wie halten es Gewerkschafter mit Arbeitsmigration? Oliver Trede untersucht das „Spannungsverhältnis [… zwischen] Arbeitsmarkt, Zuwanderung und ‚Fremdheit‘“ (7) aus historischer Perspektive. Um den entsprechenden Wandel in den 1960er‑ und 1970er‑Jahren in Deutschland und Großbritannien darzustellen, verbindet er Gewerkschafts‑, Sozial‑ und Migrationsgeschichte. Zentral für ihn ist, wie die Gewerkschaftsmitglieder Zuwanderung in den Arbeitsmarkt beurteilten, ob sie Angst vor Konkurrenz und Druck auf das Lohnniveau hatten oder die neuen Kollegen willkommen hießen und sich gegen Diskriminierung engagierten. Als Quellen nutzt der Autor Akten, Zeitungen, Jahresberichte und andere Publikationen der Arbeitnehmervertreter. Er bezieht zum einen die Dachverbände DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) und TUC (Trades Union Congress) sowie die jeweils größten Einzelgewerkschaften IG Metall und TGWU (Transport and General Workers‘ Union) in seine Betrachtung mit ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen in beiden Ländern ehemalige Soldaten und Kriegsflüchtlinge oder „anderweitig Heimatlose“ (86) als Arbeitsmigranten in großer Zahl zur Verfügung und trafen in bestimmten Wirtschaftszweigen auch auf einen großen Bedarf an Arbeitskräften, schreibt Trede. Die Gewerkschaften waren gegenüber staatlicher Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften skeptisch eingestellt und pochten auf den Vorrang des einheimischen Arbeitsmarktes, heißt es weiter. Migranten wurden in beiden Ländern vorwiegend als Menschen mit schlechten Sprachkenntnissen „und ‚fremden‘ Lebens‑ und Arbeitsweisen“ (90) und damit als quasi Unterlegene wahrgenommen. Rassistische Haltungen waren im Nachkriegsdeutschland stärker tabuisiert, in Großbritannien traten sie hingegen offener zutage. Erst in späteren Jahrzehnten wuchs die Akzeptanz für die neuen Kollegen und die Gewerkschaften setzten sich in zunehmendem Maße auch für deren Rechte und Anliegen ein. Der Autor resümiert: „[B]ei der Integration und anti‑rassistischen Arbeit leisten Gewerkschaften seit vielen Jahren umfangreiche und wirksame Arbeit“ (385); trotzdem bleibe die Haltung gegenüber Arbeitsmigranten, besonders denen mit nicht‑legalem Status, skeptisch bis misstrauisch.
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Rubrizierung: 4.422.2632.612.3312.3432.3132.22 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Oliver Trede: Zwischen Misstrauen, Regulation und Integration. Paderborn u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39036-zwischen-misstrauen-regulation-und-integration_43725, veröffentlicht am 05.11.2015. Buch-Nr.: 43725 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken