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Jan Erik Schulte

Zwangsarbeit und Vernichtung: Das Wirtschaftsimperium der SS. Oswald Pohl und das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933-1945. Mit einem Vorwort von Hans Mommsen

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2001; XIV, 550 S.; 41,- €; ISBN 3-506-78245-2
Der Autor legt eine umfangreiche Gesamtdarstellung des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS vor. Der Aufstieg des Verwaltungsamtes hing eng mit der Person Oswald Pohls zusammen, der die Behörde seit 1934 leitete. Die rasche Ausdehnung dieses Apparates zog ideologisch motivierte Überzeugungstäter und soziale Aufsteiger im Gefolge der NS-Organisationen an, aber auch opportunistische Akademiker, die sich Karrierechancen ausrechneten. Dies zeigt der Autor in einem Exkurs zur Sozialstruktur des Führungsstabes. Ausführlich wird die "Ökonomisierung", die mit der Expansion der SS-Wirtschaft im Frühjahr 1938 einsetzte, behandelt. In dieser Phase entstanden große Häftlingsunternehmen wie z. B. die Deutschen Erd- und Steinwerke und die Deutschen Ausrüstungswerke. Die neuen Betriebe sollten das Machtmonopol der SS über das KZ-System garantieren und verhindern, dass die Arbeitskraft der Häftlinge wegen des zunehmenden Arbeitskräftemangels an andere Produktionsbereiche der deutschen Kriegswirtschaft abgetreten werden musste. Ökonomische Motive waren demgegenüber zweitrangig. Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS blieben weitgehend auf industrielle Randbranchen beschränkt. Ideologische Prägungen und auch persönliche Neigungen Himmlers spielten dabei eine bedeutendere Rolle als ökonomischer Sachverstand. Den Höhepunkt seiner Macht erreichte das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt in den letzten Kriegsjahren. Pohl wurde nach dem Krieg von den Alliierten verurteilt und hingerichtet, der größte Teil des mittleren Beamtenapparates blieb jedoch unbehelligt. Der Autor zeichnet das Bild einer unstetigen Entwicklung ohne einheitliche Konzeption aufseiten der sie maßgeblich betreibenden SS-Funktionäre. Konstante Größen waren lediglich der Machtzuwachs und die Expansion des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes; Zerstörung und auch Selbstzerstörung waren, so resümiert der Autor, systemimmanent angelegt.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Jan Erik Schulte: Zwangsarbeit und Vernichtung: Das Wirtschaftsimperium der SS. Paderborn u. a.: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/16068-zwangsarbeit-und-vernichtung-das-wirtschaftsimperium-der-ss_18413, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 18413 Rezension drucken