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Hartmut Behr

Zuwanderungspolitik im Nationalstaat. Formen der Eigen- und Fremdbestimmung in den USA, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich

Opladen: Leske + Budrich 1998; 327 S.; kart., 48,- DM; ISBN 3-8100-1976-3
Diss. Köln. - Das Buch behandelt in empirischer Perspektive die Zuwanderungspolitiken in den USA (seit 1875), in der Bundesrepublik (seit 1955) und im Frankreich der IV. und V. Republik (seit 1946). Dabei geht es dem Autor um den Nachweis, daß die einschlägigen politischen Praktiken in den drei Ländern - trotz aller Unterschiede der rechtlichen Regulierungen - einer "nationalen Prämisse der Fremdausgrenzung" folgen (13). Mit dieser Verknüpfung von Nationalstaatlichkeit und Fremdausgrenzung will Behr eine Lücke schließen, die er in den umfangreichen Untersuchungen der Nationalismus-, Fremdheits- und Migrationsforschung sieht (15). Methodisch stellt die Studie eine (an Überlegungen von Voegelin anschließende) Diskursanalyse dar, die in vergleichender Perspektive die Logik der Fremdausgrenzung auf drei analytischen Stufen verfolgt: den rechtlich fixierten Ordnungskonzeptionen (33 ff.), den - sich in politischen Debatten manifestierenden - nationalen Ordnungsvorstellungen der politischen Akteure (119 ff.) und schließlich den zumeist philosophisch entwickelten Ordnungserfahrungen, die auf der nationalen Idee fußen (258 ff.). Obschon Behr die länderspezifischen Ausprägungen des Widerspruchs zwischen (partikularistischem) Nationalismus und (universalistischem) Republikanismus durchaus herausstellt (246 ff.), steht für ihn die übergreifende Dominanz des nationalen Ordnungsparadigmas nicht in Frage. Darin könnne man den "institutionalisierten Ausgrenzungsdiskurs der Moderne" (302) erkennen, der im Raum des Politischen "personale und gemeinschaftsbezogene Identifikationskriterien [durchsetzt], die zeitlich vor und unabhängig von der Konstitution als politischer Gemeinschaft existieren" (304). Aus dem Inhalt: A. Nationale Ordnungskonzeptionen und Ordnungsvorstellungen: I. Nationale Ordnungskonzeptionen und Verfassungsgrundsätze: Die Etablierung der Ausgrenzung: USA; Bundesrepublik Deutschland; Frankreich. II. Ordnungskonzeptionen und zuwanderungspolitische Gesetzesbestimmungen: Konkretisierungen der Ausgrenzung: Phasen und Bereiche in der zuwanderungspolitischen Gesetzgebung; USA; BRD; Frankreich; Ausgrenzungsstrategien und ihre Kriterien in der zuwanderungspolitischen Gesetzgebung der USA, der Bundesrepublik und Frankreichs; Die Bedeutung der Nationalität und der Abstammung; Bedeutung der Sprache; Ökonomie und Zuwanderungspolitik; Vordergründige Öffnungen versus subtile Formen der Ausgrenzung. III. Nationale Ordnungsvorstellungen: Eigen-Fremd-Thematisierungen im Selbstverständnis der USA, der Bundesrepublik und Frankreichs: Der Zuwanderer als Fremder; Die 'Naturalisierung' des Fremden; Der Topos der Verfremdung; Die sprachliche Etablierung irrationaler Wahrnehmungskategorien: Zuwanderungen als Gefahr für die öffentliche Ordnung. B. Republikanische Politikkonzepte und nationale Ordnungserfahrungen: Die Prämisse der Fremdausgrenzung: IV. Fremdausgrenzung und Kontrolle des öffentlichen Raumes: Die Bedeutung des öffentlichen Raumes angesichts der Eigen-Fremd-Problematik; Strategien der Kontrolle und das Verlangen nach Kontrolle des öffentlichen Raumes; Das 'politische' Wir und die Realität der Fremden; Die Verpolitisierung 'unpolitischer' Kriterien; Drei Varianten zwischen ethnischem Republikanismus und Nationalismus: das U.S.- amerikanische, das bundesdeutsche und das französische Modell; Die Idee des Republikanismus und die unterschiedlichen Rollen des 'ethnos' und 'demos'; Das Versagen republikanisch-demokratischer Ordnung im Anblick des Fremden: Die nationale Geschlossenheit des politischen Subjektes. V. Die nationale Konstruktion von Fremdheit: Ordnungserfahrungen und die Bemühungen um nationale Identität: Die U.S.-amerikanische Version: Eine Interpretation des puritanischen Stammesmythos und der Federalist Papers; Die identitätsstiftende Funktion: Gottes auserwähltes Volk; Die Beschwörung der politischen und ethnischen Einheit des Volkes; Der Originalitätsanspruch nationaler Identität; Deutsches Volks- und Nationendenken gegenüber dem Fremden von Herder bis Meinecke; Das Germanentum als Referenz des nationalen Ursprungs und als geoffenbarte Substanz Gottes; Deutschtum und Zeitenwende; Der Komplementärcharakter des deutschen Volks- und Nationenbegriffes als ontologische Vorstellung; Die Rolle des Fremden im französischen Volks- und Nationenbegriff; Michelet als Prophet des französischen Nationalismus; Renan als Denker im Widerspruch zwischen Republikanismus und Nationalismus; Das Assimilationsoktroi der 'volonté général'. VI. Die Wirkungsmacht nationaler Denkmuster vom Eigenen und Fremden und die Funktionalisierung der Politik.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.343 | 2.61 | 2.64 | 4.42 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Hartmut Behr: Zuwanderungspolitik im Nationalstaat. Opladen: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5629-zuwanderungspolitik-im-nationalstaat_7333, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7333 Rezension drucken