Philosoph. Diss. Hochschule für Philosophie München; Gutachter: N. Brieskorn, H. Schöndorf. – Rath widmet sich den kleineren, heute weniger bekannten Schriften Jean-Jacques Rousseaus und befragt sie hinsichtlich ihres politischen Gehalts. Dass diese für das vorrevolutionäre Frankreich von enormer Bedeutung waren, wird bereits dadurch deutlich, dass Rousseau in Form von Briefen mit nahezu allen Geistesgrößen der französischen Aufklärung in Kontakt stand. Daher stehen insbesondere die Kontextualisierung sowie das Verhältnis zu den größeren Schriften des Genfer Philosophen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Handelt es sich bei den Briefen und Abhandlungen um eigenständige Werke, fragt die Autorin, oder dienen sie der Rechtfertigung und Klärung zentraler Topoi des Rousseau’schen Denkens? Dazu stellt sie zunächst den wissenschafts- und kulturkritischen Inhalt, sodann den unmittelbar politischen sowie rechtsphilosophischen Kern und schließlich die Annahmen zur Gesellschaftstherapie innerhalb der kleineren Schriften heraus. Während die Schriften aus Rousseaus späterer Schaffenszeit der Rechtfertigung seiner Philosophie dienen, muss insgesamt festgehalten werden, dass er von seinen zentralen Argumenten auch in den kleineren Schriften nicht – oder nur in Nuancen – abweicht, diese jedoch zu exemplifizieren und mit persönlichen Erlebnissen zu garnieren sucht. Darüber hinaus vermögen sie, das Denken Rousseaus wesentlich pointierter zum Ausdruck zu bringen. Zudem dienen die untersuchten Schriften der Verknüpfung der Hauptwerke – so etwa die Vorrede zum Theaterstück „Narcisse“, welche den ersten Diskurs über die Wissenschaften und Künste mit der zweiten Abhandlung über die Ungleichheit verbindet –, um die Einheit des Rousseau’schen Lehrgebäudes deutlich zu machen. Über diese Erkenntnisse hinaus zeichnet sich diese Studie ferner dadurch aus, dass die Autorin in Bezug auf Rousseaus Wissenschafts- und Kulturkritik bestrebt ist, das Gedankengut des Genfers zu aktualisieren.