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Joachim von Wedel

Zur Entwicklung des deutschen parlamentarischen Zweikammersystems

Berlin: Duncker & Humblot 2011 (Schriften zur Verfassungsgeschichte 82); 372 S.; 88,- €; ISBN 978-3-428-13525-7
Es scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass sich die modernen Demokratien durch ein parlamentarisches Zweikammernsystem auszeichnen. Dies gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland mit dem Bundestag als gesamtdeutsch gewählter erster Kammer und dem Bundesrat als Vertretung der Regierungen der einzelnen Bundesländer. Eine solche Tradition des Zweikammernsystems wurde über viele Jahre teilweise auch auf der Ebene der Länder praktiziert. Dieses endete allerdings am 1. Januar 2000 mit der Abschaffung des Bayerischen Senats. Joachim von Wedel, der derzeit an der politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Stettin unterrichtet, setzt sich nun mit der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung des Zweikammernsystems in Deutschland auseinander. Er konzentriert sich dabei auf die Darstellung dreier Kammern und ihre historischen Rahmenbedingungen. Es handelt sich hierbei um die in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Kontext der Revolution von 1848/49 gegründete preußische Erste Kammer, den in der Anfangszeit der Weimarer Republik gegründeten Vorläufigen Reichswirtschaftsrat sowie den Ökologischen Senat, dessen Einrichtung im Zuge der Wiedervereinigung in Brandenburg diskutiert, dann aber verworfen wurde. Diesen drei parlamentarischen Konstruktionen ist laut von Wedel gemein, jeweils „Ausdruck umfassender geistig-politischer Wendeversuche“ (23) gewesen zu sein, in denen nicht die formale Ausgestaltung des Parlaments als solches im Mittelpunkt stand, sondern vielmehr die mit ihnen verbundene polit-programmatische Aussage bezüglich der Wendephänomenalität. So sollte etwa die preußische Erste Kammer 1848 den Ruf nach stärkeren demokratischen Beteiligungsrechten, die sich in der Märzrevolution artikulierten, besänftigen. Im Verlauf der weiteren Jahre gelang es jedoch dem preußischen König, seine Position wieder zu festigen. Dies schlug sich auch in einer sukzessiven Entmachtung der Kammer nieder, welche 1854 zum Preußischen Herrenhaus erklärt wurde. Letztlich, so von Wedel, zeige sich in allen drei vorgestellten Kammern eine „eschatologische Qualität des Wendeprozesses“ (350). Es sollte durch die Gründung der neuen Kammer im Sinne einer übergeordneten Vollendung der Aufbruch in eine neue Welt ermöglicht werden.
Arne Arps (AA)
M. A., Doktorand der Politikwissenschaft, Universität Vechta.
Rubrizierung: 2.31 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Arne Arps, Rezension zu: Joachim von Wedel: Zur Entwicklung des deutschen parlamentarischen Zweikammersystems Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33991-zur-entwicklung-des-deutschen-parlamentarischen-zweikammersystems_40735, veröffentlicht am 21.07.2011. Buch-Nr.: 40735 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken